My Morning Jacket – Evil Urges

Text: | Ressort: Musik | 8. August 2008

Es gehört gar nicht mehr so viel Cleverness dazu, Abgrenzung als eine Distinktionsmethode zu durchschauen, die eine nur noch ätzende Langeweile verbreitet. Sie produziert höchstens dann kleine Unterhaltungsmomente, wenn ihr Scheitern mit aller Ernsthaftigkeit von den Akteuren ignoriert wird. Es sind ständig alle denkbaren Entwürfe allgegenwärtig. Und die Entwürfe, die besonders lautstark mit Andersartigkeit argumentieren – ja, die sind tatsächlich irgendwie unterhaltsam. Unfreiwillig.
My Morning Jacket versuchen gar nicht mehr, andersartig zu sein. Nicht, dass sie es jemals versucht hätten. Ihr Sound beherbergte schon immer eine angenehm reaktionäre Verstaubtheit. Die Konsequenz, mit der sie sich ihr Americana-gewürztes, Hall-umschmeicheltes Indie-Schluffitum erarbeitet haben, durchkreuzen sie aber nun mit einem Tritt in die Hintern aller seitengescheitelten Indie-Schluffis, der seinerseits in absoluter Konsequenz durchgeschwungen wurde. Kein vorheriges My Morning Jacket-Album war derart weit aufgefächert in seiner ihm innewohnenden Konventionalität. Und kein vorheriges My Morning Jacket-Album war in einer derart gewollten Art kitschig. Es sucht sich seine Fixpunkte ausschließlich in der Ursuppe amerikanischer Popkultur. Sagen wir mal: Zwischen den Gestirnen Prince, Springsteen und Sly Stone. Es ist in seiner Haltung so unmodern wie ein löchriger Pilgerhut. Dieses Album weiß um das Geheimnis, beim Rennen um die gelungenste und Aufsehen erregendste Augenblicklichkeit ganz weit vorne zu sein. Das Geheimnis ist, erst gar nicht anzutreten. Das Geheimnis ist, Abgrenzung gar nicht erst zu versuchen. Distinktion und Coolness passieren nur noch durch die Kunstfertigkeit der stilsicheren Anpassung. Dieses Album ist My Morning Jackets Kunststück.
(ATO Records/Beggars Banquet)

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