Salam Aleikum, Digga!

Text: | Ressort: Diary | 8. August 2008

„Komm, Kondome brauchst du doch auch noch, reichen zwanzig Stück?“ Nein, ich brauche keine Kondome. Das spielt aber auch keine Rolle. Murat wird mich trotzdem danach fragen. Wie die letzten zwei Jahre. Immer wenn ich mir ´ne neue Packung Kippen in der Tankstelle gegenüber meines Domizils hole. Murat mag mich. Freut sich immer wie eine Schneeprinzessin, wenn ich den Minimarkt unter dem blau leuchtenden Logo betrete. Mit Stammkunden eine Per-Du-Beziehung aufzubauen, ist ja an sich auch nichts Verwerfliches. Und nett ist der Kerl ja auch. Und schwul. Kein Problem, whatsoever. Soll er mich doch toll finden, ist ja schmeichelhaft. Die schlimmsten Homophoben sind ja eh die, die behaupten, nichts gegen Schwule zu haben, „solange sie mich nicht angraben“. Und Murat gräbt gerne und hat inzwischen sämtliche Scheu abgeworfen.
Wenn ich abends mit Freunden oder Freundinnen bei ihm was gekauft habe, fragt er mich am nächsten Tag garantiert wie der Sex war. Ohne Rücksicht auf eventuell anwesende andere Kunden, meine Begleitung oder meine aktuelle Laune (die ich selten gut verstecken kann). „Na, gut gefickt gestern?“ „Sag mal, bist du eigentlich beschnitten?“, „Wollen wir nicht mal zusammen vögeln gehen?“.

Wäre ich eine Frau und er interessiert am anderen Geschlecht, ich würde mich belästigt fühlen. So bin ich einfach nur genervt. Aber auch zu feige oder zu nett, ihm einfach mal zu sagen, dass ich eigentlich nur meine Zigaretten möchte und er sich seine sexuellen Fantasien gerne sonst wohin stecken kann. Man will ja jemandem, der sich für sechs Euro in der Stunde in einer Tankstelle die Nächte um die Ohren haut, nicht die Woche versauen. Inzwischen habe ich es so satt, dass ich oft die 50 Meter weiter zum 24-Stunden-Kiosk um die Ecke laufe. Der Araber dort begrüßt mich gerne mit „Salam Aleikum, Digga“ und fragt mich, ob das Mädchen mit den dunklen Haaren, mit dem er mich mal gesehen hat, meine Freundin sei. Und wenn nicht, ob ich sie ihm nicht vorstellen könne, weil er „alle Frauen garantiert glücklich“ machen würde. Normale Neuköllner Kundengespräche eben.

Murat fragt inzwischen mit traurigem Blick nach, ob ich soviel arbeiten würde, weil man mich nur noch so selten sehe. Jetzt ist er erstmal für zwei Wochen im Urlaub. Hoffentlich findet er da den Mann fürs Leben und ich kann wieder ganz normal meine Nikotinsucht befriedigen, ohne ständig erklären zu müssen, dass mein Kondombedarf gedeckt ist.

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3 Kommentare »

  1. Der Eigner des 24 Stunden Spätis gegenüber sind nicht nur aus wie Tarkan, sondern hat auch einen ähnlichen Informationsbedarf wie Aral/Anal Murat: Musste dort einmal um sechs Uhr morgens volltrunken Auskunft über meine Beziehung geben. War zu willenlos, um mich zu wehren. Zum Glück war ich auch nur noch in der Lage, höfliche Unverfänglichkeiten zu äussern. Gehe seitdem trotzdem gerne auch zu anderen Spätis. Erk/Ecke Donau ist man maulfaul und servil. Kann auch schön sein.

  2. Kauf doch einfach mal das Päckchen Kondome….

  3. @A.C. Habe ich tatsächlich ein/zweimal probiert. War aber genau die falsche Taktik. Nach dem Erfolgserlebnis ging es erst richtig los.