Clara Luzia – It’s So Damn Loud In Here

Text: | Ressort: Musik | 18. August 2008

Einmal am Telefon erzählte mir Andreas von Unterm Durchschnitt, dass er an sich mit diesem ganzen Singer/Songwriter-Kram nichts anfangen könne, wahrscheinlich noch nie konnte, weil er musikalisch in einer ganz anderen Ecke sozialisiert worden war – aber mit Clara Luzia ein Gegenbeispiel gefunden hätte.

Inwiefern freundschaftliche Bande zu dieser Entscheidungsfindung beigetragen haben, kann ich nicht beurteilen; Fakt ist aber, dass dieser Clara Luzia aus Wien eine wie auch immer geartete Überzeugungskraft innewohnen muss, um eine Konversion oder zumindest eine Art Horizonterweiterung bewirken zu können, an der Hunderte andere schon gescheitert sind. Und genauso etwas brauchte ich jetzt, überfüttert wie ich war mit klischeebeladenen Gitarrenluftikussen, die ihre Befindlichkeiten unter dem Deckmantel des niedlichen Mädchenpops oder des angerauten, vom schweren Leben im Wohnwagen gekennzeichneten Folk in die Menge warfen – und es letztendlich doch alles irgendwie gleich klang.

Jetzt erkenne ich, dass ich Clara Luzia dringend gebraucht habe, um den Glauben an das Genre Singer/Songwriter, wenn man es überhaupt als ein solches bezeichnen kann, nicht zu verlieren. Denn als ich “It’s So Damn Loud In Here” höre, denke ich an das Gespräch mit Andreas, und ich kann ihn verstehen. Genauso wie ich Clara Luzia verstehe oder sie mich auf irgendeiner komischen Metaebene versteht und wir alle, zumindest was diese Platte betrifft, Geschwister im Geiste sind. (Ja ich weiß, das klingt sehr hippiemäßig.) Clara Luzias glasklare Stimme ist so betörend, dass es fast schon egal ist, was sie da eigentlich singt; dass das dann aber auch noch fast kitschfrei geschrieben ist und vorgetragen wird, ist vermutlich der ausschlaggebende Punkt dafür, dass sie mir meinen Glauben zurückgeben kann. “It’s So Damn Loud In Here” erweckt einfach den Eindruck, dass es nicht aus Egomanie heraus entstanden ist und leichtfertig vor die Füße des Publikums gerotzt wird, sondern etwas mehr dahinter steckt. Etwas, das man – oder ich – nicht in Worte fassen kann; es lässt sich nur durch das Hören erschließen, und das empfehle ich jedem, der sich möglicherweise gerade in der eingangs beschriebenen Situationen befindet und einen in diesem Falle weiblichen Ritter in scheinendem Gewand braucht.

Clara Luzia kann das, was ich schon lange nicht mehr erlebt habe: Sie kann auf die subtilste aller Arten an jener Stelle treffen, die man manchmal für verloren hält. Und auf die Gefahr hin, jetzt ein, zwei Euro in die Floskelkasse geben zu müssen, sei gesagt: Jedes einzelne Stück auf “It’s So Damn Loud In Here” ist eine gottverdammte Perle.

Das angezeigte Cover ist mit „Railroad Tracks“ betitelt – so heißt das Album auf Clara Luzias österreichischem Label Asinella. Die Illustration der deutschen Version ist die gleiche.

offizielle Webseite
Clara Luzia auf MySpace

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