Der Ton macht das Bild

Text: | Ressort: Literatur | 21. August 2008

(Bild unter CC License)

Gerüchten zufolge sollen an dieser Stelle zukünftig vermehrt Hörbücher besprochen werden. Keine ganz schlechte Idee, denkt sich der eine, Hörspiele habe ich schon als Kind gemocht. Andere behaupten, Hörbücher würden sozusagen als Literatur zum Vorbeigehen lediglich für den Markt der Nicht-Leser produziert.

Abgesehen davon, dass diese Aussage natürlich falscher nicht sein könnte – es sind schließlich die Leser, die auch ganz gerne mal hören – wird das Hörbuch als eigene Kunstform kategorisch unterschätzt. Pauschalurteile zeugen von Unwissen über das Wesen des Hörbuchs, seine formatspezifischen Eigenheiten und möglichen Unterscheidungen. «Hörspiel ist wie Stummfilm, nur umgekehrt» soll Urs Widmer einmal gesagt haben. Und wenn sich der Leser jetzt fragt: „Wer um Himmels Willen ist Urs Widmer?“ stoßen wir auch schon an einen der Kerngedanken dieses Beitrages. Man muss nicht wissen wer Urs Widmer ist, um Hörbücher zu hören und sich dafür zu begeistern. Aber es kann helfen sich eine Welt zu erschließen, die die gleiche kulturelle Differenz aufweist wie Musik, Film oder Literatur. Anders gesagt: Wenn wir zwischen Speed- und Black-Metal unterscheiden können, dann sollte das Hörbuch nicht einfach Hörbuch bleiben!

Das überflüssige Wissen beginnt bereits, wenn man zwischen Hörspiel und Hörbuch unterscheidet. Und geht weiter mit dem Wissen, dass unterscheiden hier auch gar nicht richtig wäre. Um aufkommender Verwirrung vorzubeugen, muss eines klargestellt werden: Hörbuch ist im eigentlichen Sinne nur ein Überbegriff. Er ist zugegebenermaßen etwas irreführend, weil z.B. Hörspiel und Feature oft nichts mit Büchern zu tun haben und das Hörspiel sogar als eigene Literaturgattung gilt. Und welche ist die am weitesten verbreitete Form des Hörbuchs? Klar, die Lesung. Dabei handelt es sich um eine sprachliche Umsetzung von meist literarischen Texten. Ob nun gekürzt oder ungekürzt, wird sie von einem oder mehreren Sprechern vorgetragen. Merke: „viel hilft viel“ stimmt nicht zwangsläufig und immer! Eine weitere Form ist die inszenierte Lesung mit Effekten wie Musik und Geräuschen. Das altbekannte Hörspiel hingegen ist eine dramatisierte Hörfassung eines Textes mit verteilten Sprecherrollen. Dabei muss im eigentlichen Sinn keine Buchvorlage existieren: Das klassische Hörspiel ist eine eigens für den Rundfunk entwickelte Kunstform, die mit Elementen wie Stimmmontagen, Geräuschen, Musik, Dialogen und Erzählpassagen ein eigenständiges Werk schafft. Als letzte Unterscheidung hätten wir da noch das Feature. Im Gegensatz zum Hörspiel ist das Feature nicht fiktiv d.h. es werden Sachthemen mit Original-Tönen, Wort, Musik und Geräuschen aufbereitet. Soweit die grobe Darstellung dessen was sich hinter dem Begriff Hörbuch verbirgt. In der Differenz herrscht nicht unbedingt Einigkeit über diese Darstellung und, nein, wissen muss man das eigentlich auch nicht.

«Im Kino sehen alle den gleichen Film, im Hörspiel dagegen erlebt jeder seinen eigenen Film.» sagte einst Walter Adler, einer der großen deutschen Hörspiel-Regisseure. Er weist damit auf einen Zusammenhang hin, der allerdings nicht nur auf Hörspiele zutrifft. Sicherlich ist das Hörspiel die Königsdisziplin unter den Hörbüchern. Es gibt Produktionen bei denen bis zu 270 Sprecher mitwirken und die in ihrem Aufwand an Filmproduktionen erinnern. Da wird aufgebaut und beim Abriss das Mikro dran gehalten – die handgemachte Geräuschproduktion ist bisweilen eine mühsame Angelegenheit. Einige Hörspielstudios verfügen über Vorrichtungen namens „Schallschnecken“. Während der Aufnahme geht der Sprecher in die Schallschnecke hinein und heraus, wobei der akustische Eindruck entsteht, er habe gerade eine riesige Strecke zurückgelegt. All dieser Aufwand soll in den besten Fällen nur dazu führen, einen faszinierenden eigenen Film vor dem inneren Auge ablaufen sieht.
Nur wenige Sprecher sind in der Lage dazu, diesen Effekt ohne Hilfsmittel, nur durch die Kraft ihrer Stimmen zu erreichen. Ich meine damit übrigens nicht unbedingt Stimmenkünstler wie Rufus Beck oder Stefan Kaminski. Sprechern wie Hans Peter Hallwachs, Christian Brückner oder Detlef Bierstedt gelingt dies zweifelsohne mit den subtilen Mitteln ihrer Erzählstimme. Gerät man an eine Lesung, in der ein guter Sprecher auf einen guten Text trifft, entsteht eine synergetische Qualität. Eine Qualität, die sich nicht entfaltet, wenn man das Buch selber liest oder den Film dazu sieht. Ist klar.

Einige Theoretiker und Autoren literarischer Texte sind der Ansicht, dass mit der Kultur des Hörbuchs, speziell der Lesung, die Erzählung in ihre ursprüngliche Form zurückgekehrt ist. Eine Kunstform würde wiederbelebt, die über Jahrtausende das prägende Mittel der Kommunikation und der Tradierung war: Die narrative Weitergabe von kulturellen Inhalten. Selbstverständlich gibt es Grenzen, denn es gibt durchaus Texte, sie sich nicht für Hörbücher eigenen. Außerdem ist es fraglich zu denken, Geschichte würde sich in diesem Sinne wiederholen. Über 700 Jahre Schriftsprache haben die Kultur des Erzählens völlig verändert. Und genau diese Veränderungen haben wiederum das Schreiben von Theaterstücken, Drehbüchern und eben Hörspiel-Skripten hervorgebracht. So konnte sich das Schreiben fürs Sprechen erst entwickeln.

Genuss hat bekanntlich nicht immer mit Wissen zu tun, und das ist auch gut so. Aber man sollte eine Ahnung davon haben, dass man beim Hören von Hörbüchern stärkere Bilder selbst erschaffen kann als jene, die von anderen auf die Leinwand produziert werden. Damit erschließt sich etwas.

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Ein Kommentar »

  1. „damit erschliesst sich etwas.“?
    na, was denn?
    versuchs doch mal in wikipedia …
    seltsamster langeweileaufsatz mal wieder – wie wärs denn wenigstens mal
    mit „kochen mit …“ oder irgendwas putzigem?
    huijuijui – der blog macht das zine …
    oder lasst es sein.
    “ (…) muss eines klargestellt werden: Hörbuch ist im eigentlichen Sinne nur ein Überbegriff.“ – ach sooh!
    danke, danke, danke –
    atticus (machst doch auch logo, nich‘, die nachrichten für kids, – cool ;)
    es greusst
    euer bob