Burial Hex – Initiations

Text: | Ressort: Musik | 7. September 2008

Kraut ist zu einer bösartigen Brühe vergoren, einer Art Tangerine Dream aus verpilzten Mandarinen und Träumen, dunkler als das Schwarze unter den Fingernägeln von Conrad Schnitzler (RIP). Das ideale Futter für die Untermenschen, die aus dunkel konnotierter Elektronik eine Spielwiese für Salon-Nazis und misanthropische Dilettanten gemacht haben. Bezeichnenderweise kommen solche Kulturverweser u.a. aus den gleichsam verseuchten Black Metal-Gefilden und am allerschlimmsten sind die Clowns auf Cold Meat Industry, dem Label, das in seiner langen Geschichte Me-Too so deutlich zur Labelpolitik geadelt hat, dass der Name bzw. das Kürzel CMI inzwischen auf vielen Flyern und bei diversen Mailordern als Genre geführt wird.

Gegen die zersetzende Allianz aus s.g. „Dark Ambient“ (sic!) und/oder „Martial Industrial“ (Bäh!) kann man kaum etwas besseres ins Feld führen als Burial Hex (YES!). Härter, mutiger und damit substanzieller als all die pickeligen Jungs mit Evola und Jünger im Regal, degradiert Burial Hex ganze Genre zu einer musikalischen Geisterbahn – denn die One-Man-Army im Dienste der Nahtod-Erfahrung bietet das wahre Grauen zwischen Horror Vacui und Fegefeuer oder wie er sagen würde zwischen Cosmic Chaos und Primordial Darkness.

Zwei Veröffentlichungen, zumeist auf Kassette, ein paar auf CD-R, von denen wiederum einige Compilations der Kassetten sind, dazu Split-Singles, Split-Kassetten; für die nähere Zukunft sind nicht weniger als 13 weitere Werke angekündigt. Da Burial Hex nur eins seiner seltsamen Projekte ist, erhärtet sich der Befund, dass Clay Ruby ein getriebener oder zumindest, soviel steht wohl fest, ein arg beschäftigter Mann sein muss. Und wenn man dem kranken Bild in einem englischen Fachblatt für gesetzte Weltverdunklung trauen darf, steht ihm sein Interesse am Tod und dem Danach direkt ins ungesunde Gesicht gekrebst; die exzessive Beschäftigung mit Pech und Schwefel, Spinnenbein und Krötenschleim – oder etwas seriöser mit Ain Soph und Zimzum – haben tiefe Spuren hinterlassen.

Er wirkt wie zerfressen von einer unstillbaren Sehnsucht. Blass, aufgedunsen, schweineäugig. Ebenso Okkultist wie Alchemist ruft Ruby mit seiner Musik Geister, denen er wie der berühmte Zauberlehrling nicht richtig habhaft wird, vielleicht auch gar nicht habhaft werden möchte. Denn so seltsam es klingen mag – und Kinder, ich kann euch sagen, DAS klingt seltsam – scheinen einzelne Elemente in diesem zwischen Musik und Hörbild wechselnden Strom ein Eigenleben zu führen. Was bei jedem IDM- und Techno-Blödel zum vernichtenden Urteil „willenlos“ führen würde, entwickelt sich unter der Anrufung von Ruby bei Burial Hex zum höchsten Gut: Der Sound gehorcht nicht mehr, weil der Künstler mehr Erwecker denn Produzenten ist und weniger manipulativ als beobachtend/interessiert das Treiben begleiten möchte.

Wie sonst nur Bohren & der Club Of Gore ist ihm zu glauben, dass er diese Musik in letzter Konsequenz für sich selbst macht und das auch nur, weil sie kein anderer macht. Nach einer selbstbetitelten CD auf dem verdienten aber naturbedingt schlecht vertriebenen Label SNSE (Scratch & Sniff Entertainment) trägt das zweite reguläre Album von Burial Hex seinen Titel nicht von ungefähr: „Initiations“. Es beginnt mit der härtesten der vier knapp zwanzigminütigen Einführungen. Zunächst wiegen ein paar harmonisch an- und abschwellende Flächen den Zuhörer in Sicherheit, dann bricht auch schon nach wenigen Minuten unvermittelt harscher Noise ein, der wiederum in einer Art Hörspiel aus dem Horror-Hospital mündet (inkl. quietschenden Rollbetten). Verschiedene Schreie vermischen sich mit Fieldrecordings unnatürlicher Herkunft und teuflischen verlangsamten Vocals. Mit der Impertinenz einer Wasserfolter folgt nach einer winzigen Zäsur und einem Fünkchen Stille erneut heimtückischer Noise, der sich ein paar Minuten vor Ende in die Flächen der Eröffnung zurück zieht.

Mit einer ähnlichen Dramaturgie zeichnet „8 Pentacles“ das Bild von einem stillgelegten Stahlwerk in Gestalt einer Kathedrale, wo seltsame Rituale die heilige Stille zerschneiden. Bizarres, rhythmusloses Geklöppel und lang verhallende Schläge verschleifen sich mit oszillierenden Brummtönen und einem ungesunden Rauschen; die Luft wird von mutiertem Kabel-Grillen erfüllt. Das Drama entwickelt sich ganz organisch mit der Selbstverständlichkeit einer Katastrophe. Mit dem Beginn der zweiten Hälfte des Albums verdichtet sich die Atmosphäre im selben Maß wie das Geschehen musikalischen Konventionen folgt: zunehmend verbreiten Getrommel und kleine akkustische Versatzstücke, die mehr als einmal an Rubys alte Kollaborateure Silvester Anfang und ihren fahrig wirkenden Funeral Folk erinnern, die Stimmung einer Beschwörung im größeren Kreis – in den beiden letzten Tracks („River Of Los“ & „BO -II- Ne“) erfüllt sich der Albumtitel am deutlichsten, der Zuhörer wird förmlich in das Zentrum des magischen Geschehens gezogen, die Sinne vernebeln sich, was bleibt ist die Gewissheit: Wir werden alle sterben. Was folgt, davon vermittelt uns vielleicht Burial Hex eine Ahnung. Und wenn uns „Initiations“ nicht den brillanten Soundtrack für einen Aufenthalt im Hades liefert, dann öffnen sich damit zumindest ein paar kleine Fenster zwischen Dies- und Jenseits. Die Gebrüder Grimm könnten ihre Herzen fressen: Mit diesem, stilvoll in schwarze Pappe gekleideten Album wird das Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen neu geschrieben.
(Aurora Borealis)

Burial Hex auf MySpace

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Ein Kommentar »

  1. stop press!!

    burial hex over europe!

    allerdings bis jetzt noch in benelux only!

    noch dates vom 23-30.9 möglich

    mach mal was geiles in deiner stadt und ihm was klar!