Unser Spinner Musik

Text: | Ressort: Diary, Musik, Veranstaltungen | 8. September 2008

Da seht Ihr, was passiert, wenn die Erwachsenen versuchen, sich in den Arsch zu ficken!

Silke Arp bricht, Silly Art fickt. Was für ein Zirkus: Jeder gibt sich wirklich von ganzem Herzen Mühe, aufzuzeigen, dass es sich um keine große, ernste Sache handelt, bloß um Musik. Sie kleben sich die Brustwarzen mit Swastikas ab, springen ansonsten nackig herum und gebärden sich wie ein Haufen toll gewordener Kinder mit einer Überdosis Fasching. Sie schmeißen mit Müll und suhlen sich auf dem Boden, sie schreien sich die Seele aus dem geforderten Leib und lassen nichts unversucht, die Dinge, mit denen die Menschen so ihre Wochenenden verbringen, ad absurdum zu führen. Wahrscheinlich (Natürlich) sind sie allesamt betrunken. Sie führen die Rituale und Settings von musikalischen Live-Darbietungen zu ihren infantilen Wurzeln zurück und der totalen Sinnfreiheit zu, in Angesicht derer sie sie bis zur Lächerlichkeit überziehen, sich sogar dahinter in das Grenzland wagen, das man Exploitation nennt. Sie machen sich dabei notfalls sogar so sehr zum Horst, wie es nur geht, und brechen auch nach Erreichen der Ausreizung nicht ab, sondern paralysieren munter sich und ihre Umgebung weiter bis zur typabhängigen De- oder Übersensibilisierung. So zwingen sie das Publikum, alle Widerstände fahren zu lassen und sich Toys’R’Crust-Metallern mit Lappenmütze am Kinderschlagzeug, Gitarren-Weihe)))-Karikaturen und Exhibitionisten-Quartetts in Pappmachemonsterkostümen hinzugeben. Sie überspannen dabei den Bogen so weit, dass man es irgendwann wie eine Selbstverständlichkeit hinnimmt, dass in 1 Meter Luftlinie zu neverending-enervierendem elektronischem Kreisgesäge ein totaler Freak Out stattfindet.

Das Spektakel ist eine Persiflage der Raserei, die jede ernst gemeinte Auseinandersetzung mit populärer Musik Manierismus und Preziosität straft. Nur die besten, ergo stumpfesten Primitivismen modernen Entertainments werden übernommen, so der gute alte Kontrollverlust, alles andere, Melodie, Liedform, Klangkontrolle, kann weggelassen werden, nur die Grundform aber eines jeden Tracks an diesem Abend, die Reinsteigerung, das Erreichen einer Ekstase als ein intensiverer Grat der Introspektive sei wichtig.

Wer allerdings hier Spirituelleres als Kopf im Klo und Spaß dabei vermutet, verliert einen Karma- und zwei Humorpunkte. Wieder mal nicht aufgepasst! Hier wird nicht auf die Kunst-Kacke gehauen, sondern auf den Drangeimer der Unterhaltungsindustrie. Es geht darum, den Scheiß einfach rauszukloppen, Topfschlagen, Kopfzerbrechen mögen darüber lieber andere, Bezüglichkeiten, Querverweise, Zitate, Schulen und mehr Abbröckelungen gibt es genug, man kann, wenn man denn mag, schon einen counter-karikierenden Sinn finden, in dem, was da passiert: Master Ingmar Bergman wird in einer, hier macht der Unbegriff Sinn, Spoken Word Performance zitiert; dass seine eigenen Filme ihn deprimieren würden, der allgegenwärtige W. S. Burroughs taucht als vielgestalte Comicfigur auf, raucht eine Zigarette und dann gibt es eine den Holzhammer auf links krempelnde Stumpf-Dance-Performance, und das alles von einem einzigen zitternden Mann im H.S.Thompson-Kostüm.

Man holt an diesem Abend die Blockflöte überraschend auf die Landkarte der modernen Musik zurück und zeigt, dass dieses meistgedisste aller Instrumente und am wenigsten ernst genommene Phallussymbol, Sinnbild für die brutale Domestizierung der frei-wilden Musikalität von Kindern, entsprechend mißhandelt, eine Menge fiese Geräusche erzeugen kann und somit wieder zu mehr gut ist, als brav-graue Mäuse zu erzeugen, die nur leise in die Welt zu piepsen in der Lage sind. Man kann sie schon fast klagen hören, die Eltern dieser Welt: „Hätten wir dem Kind damals nur nicht diese Blockflöte aufgedrängt, dann wäre vielleicht doch noch etwas aus ihm geworden. Nun macht es, was es will!“ Und noch viel mehr! Überhaupt regiert die Anarchie im Kindergarten: Es gibt sogar Luftballons. Und weil einer gar seinen Schniedel in eine Klorolle steckt und das alles so unglaublich albern ist, wird das Silly-Art-Fick-Festival auf einmal der beste weil konsequenteste Platz im All, besonders in dem Moment, als der großartige Pausen-DJ seinen berüchtigten Britney-Spears-Remix spielt, der die Guteste langsam aber sicher bis zur Unkenntlichkeit abrasiert, worauf einer aus dem Publikum kommt und ihn fragt, ob der Player kaputt sei oder ob er nicht endlich mal Musik auflegen könne. Der sagt „Mach ich doch“ und just in dieser Sekunde setzt ein Ramones-Sample ein, „I see trees of green red roses too i see’em blew for me and you“, unfassbar geil dem völlig verdutzten Frager quasi playback vom DJ ins Gesicht vorgetragen, dann wieder Gehacke. Der Mann dreht ab und trollt sich zurück ins Publikum. Ja sind denn hier alle verrückt geworden?

Bilder zu Veranstaltung von Christoffer Greiß
Silly Art Fick

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2 Kommentare »

  1. das mit den Luftballons war gelungen,unter anderem ein grund wieder zum spielen vorbeizukommen,einer von vielen gründen!

  2. […] Rezi auf Persona Non Grata Online […]