Name’s Bond. Gerüttelt, ungerührt! – Ein Fazit.

Text: | Ressort: Film, Thema | 8. Januar 2009

007

Selten in der nunmehr viereinhalb Jahrzehnte währenden Agentenreihe ist ein neuer Film so gespannt erwartet worden wie „Quantum Of Solace“, der von Regisseur Marc Forster gedrehte, neueste Streich des britischen Doppelnull-Agenten, gleichzeitig der zweite der „neuen“ Bond-Ära. War im Vorfeld zum Vorgänger „Casino Royale“ Brosnan-Nachfolger Daniel Craig erst kritisch, dann wohlwollend beäugt worden, so ist der 40-jährige Brite, vor allem Dank seiner schier unendlichen Physis und der sich so wohltuend von seinem versnobten Vorgänger abhebenden Mimik nun gesetzt. Dem Geschwisterpaar Barbara Broccoli und Michael G. Wilson, dass die Aufgabe übernommen hat, das Erbe ihres Stiefvaters, des Produzenten Albert R. Broccoli, fortzuführen, ist es mit der Fortschreibung von „Casino Royale“ gelungen, den Radikalumbau der 007-Saga weiterzutreiben: Dieses Mal allerdings mit dem geringst möglichen Risiko. Es scheint, als wollte man den unerwarteten Erfolg des Vorläufers aufs Spiel setzen.
Der James Bond der auslaufenden Nullerjahre ist superstark, superhart, superkalt und (fast) humorlos, was angesichts der Altherrenwitze, die sich durch die 007-History ziehen wie eine Leine voller vollgekackter Opa-Windeln sehr wohltuend ist. Dem jungen Bond (die aktuellen Plots spielen alle vor dem Erstling „Dr. No“ von 1962, sind allerdings für die Jetztzeit adaptiert worden) sind Statussymbole, ja sogar die Art und Weise, wie sein späteres Lieblingsgetränk zubereitet wird, noch herzlich egal. Solange alles sich dem eigentlichen Ziel unterordnet, ist es ihm alles recht. Da wird schon mal ein Aston Martin zerschrotet, ohne dass ihn das rühren würde. Hauptsache, die Geisel im Kofferraum überlebt und spuckt ihr Wissen aus.
Der von Daniel Craig verkörperte James Bond kommt völlig austrainiert daher. Wunden und Schmerzen nimmt er hin, steckt sie weg und wirft sich sofort ins nächste Gefecht. Wenig bis nichts scheint ihn wirklich zu berühren. Doch tief in ihm drin, im blauäugigen Blondschopf, lauert dann doch eine romantische Ader und wenn man alles zusammen nimmt und wenn man ihn so agieren sieht, können einem seltsame Assoziationen kommen. Zum Beispiel zum edlen Supermenschen-Entwurf, so wie ihn z.B. auch die Nazis im Sinn hatten. Hier wirkt Bond/Craig, die totale Kampfmaschine, mitunter ziemlich befremdlich.
Leider hält nun „Quantum of Solace“ den hochgesteckten Erwartungen nicht ganz stand. Das hat Gründe, die im Folgenden benannt werden sollen.
Zu aller erst ist da mal der Titelsong. Ich hatte ja gedacht, dass es nach dem 86er Tiefschlag „The Living Daylights“ von den zumindest da unerträglichen a-ha nicht schlimmer kommen könnte. Ich meine, man kann sich über die Qualitäten der Titelsongs, die ja stets auch den vorherrschenden Zeitgeist widerspiegeln, trefflich streiten, und ich stehe wahrscheinlich auch ziemlich alleine da mit der Meinung, dass selbst die Songs von Garbage (The World Is Not Enough), Sheryl Crow (Tomorrow Never Dies) und sogar Chris Cornells „Know My Name“ ziemlich okay sind. Aber das, was Alicia Keys und Jack White da abgeliefert haben, ist im Kontext mit Bondsongs gesehen eine Frechheit. Mir erschließt sich nicht, was man sich mit diesem dekonstruktiven Monster gedacht hat. Das es mit durchaus mehr Grandesse geht, beweist David Arnold, der ansonsten für die Bond-Scores zuständig zeichnet, auch diesmal wieder. Was für ein Jammer also, dass das „traurige Pferd“ Amy Winehouse (O-Ton Noel Gallagher) mittlerweile so kaputt ist, dass sie bzw. Mark Ronson kein vernünftiges Lied fertig bekommen haben.
Und auch meine anfängliche Skepsis Regisseur Marc Forster gegenüber hat sich leider bestätigt. Der Film will innerhalb seiner 106 Minuten einfach viel zuviel. Will internationale Verstrickungen und Verquickungen zwischen MI6 und CIA, internationalen Konzernen und nationalen Regierungen aufzeigen, will die globalen Krisenthemen Ökologie im Allgemeinen und Wasserknappheit im Besonderen vermitteln. Den Ölhunger der USA, denen jedes Mittel recht ist, um an die letzten diesbezüglichen Reserven zu kommen. Will zeigen, wie genehme Regierungen „gemacht“ werden können. Man will also komplizierte Themen und Sachverhalte vermitteln, die selbst ohne die im Millisekunden-Stakkato aneinander geschnittenen Bilder schon schwierig zu verstehen sind. Bondfilme sind Mainstream, und die Masse des Kinopublikums besitzt nun mal keinen, bis in alle Untiefen gehenden (geo)politischen Überblick. Und nicht nur den verliert man schon zu Beginn des Streifens. Die Anfangssequenz, in der sich Bond im arg ramponierten Aston Martin ein bis zur Unsehbarkeit verschnittenes Duell mit seinen dauerfeuernden Verfolgern liefert, könnte so auch aus einem Computerspiel stammen. Zwar haben die schnellen Schnitte und extrem verwackelten Bilder den Sinn, die aus Werterhaltungsgründen eher etwas langsamer fahrenden Leihfahrzeuge der Premium-Marke schneller zu machen und so der Szene mehr Rasanz zu verleihen, aber es gibt auch einen Punkt, ab dem der Zuschauer einfach nur noch eine schrill flackernde Leinwand wahrnimmt. Dazu brüllende Motoren und das Dauerrattern der Maschinenpistolen. Geräusche die sich durch den ganzen Film ziehen und sogar danach noch in den Ohren klingeln. Darüber hinaus jettet Bond, nach mörderischen Duellen teilweise schwer angeschlagen, mehrfach zwischen Südamerika, der Karibik und Europa hin und her, sodass man irgendwann den Überblick verliert, warum er gerade wieder im Learjet sitzt. O.K., das alles ist ja auch mehr oder weniger fantasy fiction und man sollte das auch nicht überbewerten. Aber wenn neuerdings so viel Wert auf Authentizität gelegt wird, dann muss man das auch hier durchziehen!
Und noch eines ist uncool am ansonsten ultracoolen Streifen: Wenn schon product placement, dann bitte nicht mit Serienwagen der Marke Ford. Was in Casino Royale mit dem damals brandneuen Mondeo noch gerade so akzeptabel war, gerät diesmal mit dem neuen, bunt bedruckten Ka, mit dem Bond durch Port-au-Prince zuckelt, zum Ärgernis!
Als Fazit gilt also festzuhalten, dass „Ein Quantum Trost“ eine Art Konsolidierung auf hohem Niveau darstellt, ein Sichern des Erfolges des neu eingeschlagenen Weges. Die Umsätze an den Kinoschaltern zumindest dürften gestimmt haben. Interessant wird es nun, wenn es an die Verfilmung des dritten Craig-Bond geht. Man wünscht sich wieder etwas mehr Witz, eine etwas niedrigeren Schnittfrequenz und vielleicht auch mal wieder, nach all den Karibik- und Südamerika-Ausflügen der letzten Zeit, einen Bond in anderen Gefilden. Im Schnee möglicherweise? Oder gar Südostasien?
Und: Man sollte dem neuen Bond ab und an mal eine Kur gönnen! So fertig und ramponiert, wie er in den letzten beiden Filmen aussah, kann es, wenn’s glaubhaft bleiben soll, nicht weiter gehen, Auch hier wünscht man sich vom ansonsten sehr effizient arbeitenden Agenten mehr Effizienz!

Sven Hartig

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10 Kommentare »

  1. Und: Man sollte der neuen PNG mal eine richtige Ross-Kur gönnen! So fertig und ramponiert, wie sie bei den online-Auftritten seit Oktober aussieht, kann es – wenn’s schmackhaft bleiben soll – nicht weitergehen. Auch hier wünscht man sich von den im Moment sehr sukzessiv arbeitenden Autorinnen deutlich mehr Effusion!

  2. Und: Man sollte der neuen PNG mal richtige Ross-Kur gönnen! So fertig und ramponiert, wie sie in der letzten Zeit online rüberkommt, kann sie – wenn sie glaubhaft bleiben soll – nicht weiter machen. Auch hier träumt man sich vom im Moment sehr sukzessiv arbeitenden Autorenstamm deutlich mehr Effusion!

  3. Effusion: siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Effusion

    PNG= Nebenprojekt, Feierabendverein, FANzine, DIY, Selbstausbeutung

    PNG online= Weder fertig noch ramponiert, sondern ungepflegt.

    Warum also sollte man einem Pony eine Rosskur gönnen?

    Wes

  4. vielleicht komisch, dass ausgerechnet ich, jetzt hier, an dieser stelle, für einen mittelweg plädiere. also ich würde den einwurf von urmensch, der sonst u.a. als fuechschen kommentiert (wie ich gerade feststellte, weil ich es nicht lassen konnte, mich noch mal in die administration einzuschleichen), nicht einfach so wegwischen. auch ein feierabendverein, und gegen einen solchen ist per se nichts auszusetzen, sollte versuchen präsenter zu sein, sich weiterhin über die suche nach ungewöhnlichen themen legitimieren, gerade ohne die ökonomischen restriktionen, die einen printtitel zu so einem spagat über nerven und gewissen machen. ich denke, man muss sich damit redaktionell erst neu arrangieren.

    [die neue print png kommt am 02. März … endlich … und sie wird auch verdammt gut.]

    … also, was ich sagen wollte: nicht jeder kommentar ist eine knallcharge, dem es seine paar sätze sofort wieder zurückzustopfen gilt. um mal so ehrlich schleimig zu sein: eines der highlights der letzten monate auf diesem blog, das nicht von der redaktion gesetzt wurde, war doch ihr/sein/fuechsen/Michaela Fuchsholz/urmensch battle mit kristin (oder war es kirstin?) zur interpretationshoheit über die band sternbuschweg.

    [die neue print png kommt am 02. März … endlich … und sie wird auch verdammt gut.]

  5. @ wes souf -> rosskur bezieht sich nicht aufs pferd, sondern auf den pferdearzt und seine methode, nämlich mit dem schlechterdings rasant dahinsiechenden patienten ein geradezu riskantes experiment durchzuführen. natürlich, dieses kill-or-cure-remedy sollte man im notfall – als tierfreund – schon auch ponys angedeihen lassen. und: selbstausbeutung habe ich auch schon mal gehört. ist doch damals im mittelalter ’ne betätigung für leute gewesen, die tanzlokale zu kirchenvereinen mit steuernummer und pilgertagesstätte umfunktionierten. und png geht heute noch durch als leipziger kurie?

    @ nimrod -> danke für die blumen. ja, richtig, kristin heisst die frau. war mir auch angenehm, mal auf hohem niveau rumzuzicken. und was die aka-aka-debatte betrifft,
    so kann ich zwar deine neugier verstehen. aber sieh mal, was bringt es dir, wenn du diese oder jene person outest, das endet doch nur in kampagnen – siehe ‚bruder von obama ist ein dieb‘ – und wohin führt diese telecomsophisterei? genau. ausserdem:
    “In der Zeitschrift Persona Non Grata zeichnen die Stammautoren ihre Texte mit seltsamen Pseudonymen. Angeblich machen die das so, um sich des naheliegenden Eindrucks zu erwehren, man könne sich mit ein paar Veröffentlichungen in diesem Fanzine ganz schnell einen guten Namen machen. Persona Non Grata – stilprägend und vehement unabhängig seit 1990 – genießt einen ganz besonders guten Ruf, der unweigerlich abfärbt. Das würden sich viele gern gefallen lassen.“ und nun wollen wir die
    kommentierenden gäste outen und hohlen uns den coputerschäuble dazu ins haus?! Uu – madness of the method.

    Euer

    Füchschen

  6. touché … aber anzumerken sei dennoch; es ging hier darum, auf folgendes zu verweisen: listen up, bruder wes! das ist genau die/der da, diese(r) welche … und die/der hat ein ganzes stück weit recht … heiligt eine gute meinung diese mittel? natürlich nicht. und es steht nicht nur deshalb noch immer nicht in diesem raum, wer oder was du bist, nur weil ich es noch nicht weiß, sondern weil es richtig ist, dass es hier nicht hingehört … oder gehts hier etwa um hinter verschiedenen, mehr oder minder zufällig geschossenen kommentarboard-nicks unterschiedlich stark verschachtelte off-world-identitäten oder das recht auf multiple virtuelle personae in einem wirkungsraum? — ah, come on now … lass uns nicht wirklich anfangen mit sophistisch. denk dir einfach neue aus.

  7. Erst kommt lange Nichts, dann wird am Heft gemäkelt, dann bricht die Pseudo-Überwachungsirrsinn-Dialektik-Battle los. Sagt mal, – für Überraschungen seid ihr offenbar immer noch gut – warum versteckt ihr Euch denn zwischenzeitlich so lange. Hut ab, Nimrod. Ein wortgewaltiger Duellant. Fehlen nur noch die drei amtlichen Musketiere. James Bond? Kann mir gestohlen bleiben. Hey, ich freu mich – es gibt neue Hoffnung, am 3. März geht’s also doch weiter!? Ich habs ja gehofft, nur nicht (mehr) gewagt …

    Danke

    X (möchte ausnahmsweise auch anonym bleiben ;-)

  8. besser battle als gar keine bewegung. aber was ich an kommentaren unter einer offensichtlich seit wochen und monaten nicht mehr (konsequent) gepflegten seite immer drollig finde: dass sie originellerweise genau das feststellen, was ohnehin offensichtlich ist, eben, dass die seite nicht mehr gepflegt wird … genau so, als wenn die redaktion das nicht bestens selber und zu allererst wüsste. hier dockt dann eben auch kollege wes souf (talking about nicks,eh?!) mit seiner schulterzuck-attitüde an: was wollen die eigentlich von mir mit ihren forderungen? dass noch mal ein heft aus leipzig kommt, daran hab ich bis vor wenigen tagen auch nicht mehr zu glauben gewagt. und jetzt freu ich mich und bin dankbar. und da die seite zum heft hier nun augenblick wirklich öde ist, schickt doch mal den link zu den projekten, in die ihr nach 10 stunden im laden und nachdem frau und kind ins bett gesteckt sind noch kluge gedanken scheißt … dann trifft man sich in zukunft auch gerne dort.

  9. ohne f. etwas vorwegzunehmen. aber das darf man ja nicht als deskriptiven beitrag bewerten, sondern schon fast als normativen! es geht schließlich darum, euch zu zeigen dass noch echtes interesse besteht und da gefälligst der arsch hochgewuchtet werden soll. nur die feststellung alleine wäre das zeichensystem nicht wert gewesen.

    und damit wären wir wieder bei der selbstausbeutung. die muss nämlich anerkannt werden, f., solange ansprüche an diese ominöse gruppe aus abgekürzten menschen besteht. wenn das nicht wäre, dann dürfte niemand jammern, klar. aber gerade mit dem kritischen beitrag setzt man doch die erwartung an, dass es (das projekt) nicht mehr für des autors ego/über-ich geschaffen wird, sondern für einen selber.

    und, nimrod, von admin zu admin: natürlich schaut jeder mal eben schnell nach, ob sich da ip’s nicht ähneln oder emailadressen. die veröffentlichung ist aber ein schritt, der über jede theoretische diskussion dazu hinausgeht, sie hat realen einfluss und ist daher vorher persönlcihkeitsrechtlich abzuklären – egal aus welchem antiken t(r)opf deine meinung dazu erwachsen ist. hier wurde immerhin ein augenscheinlicher realname genannt. und selbst wenn der erdacht ist, vielleicht bekommt eine andere m. f. ja jetzt drohemails von verklemmten png-lesern? (davon gibts bestimmt ne ganze menge mehr als ihr denkt, da verwette ich geld) kritik ist also angebracht.

  10. admin, please! weder wurden hier klarnamen genannt, noch solche klarnamen, noch nicks (oder gar emailadressen) aus einer adminstrationsebene geklaubt … alles ist hier in den kommentaren veröffentlicht… und nur hier. m.f. ist nirgendwo sonst zuzuordnen (das hatte ich zuerst gecheckt, um tatsächlich mal ne email, aber sicher keine hasserfüllte, zu schreiben, und es ging hier darum, einen kommentar zu gewichten, nicht ihn zu diskreditieren. vor der aufgezogenen grundsatzdebatte trotzdem nicht gut, okay). also wenn das unabhängig davon, dass ich mir deine gedanken durchaus gemacht habe, mit grundsätzlichkeiten nicht vereinbar ist, dann nehm ich die belehrung gerne an.