Der Spaß am Seltsamen – Osis Krull live erlebt
Text: Jensor | Ressort: Diary, Musik, Veranstaltungen | 8. Februar 2009Normalerweise hasse ich es wie die Pest, während Konzerten gestört zu werden. Von aufdringlichen Mitmenschen, die der Ansicht sind, es wäre schicklich, einem allerlei Informationen angefangen von der neuesten Schwangerschaft über verkackte berufliche Herausforderungen bis hin zu akut gewordenen sexuellen Orientierungen genau in dem Moment ins Ohr zu brüllen, während man sich eigentlich dem satanischen Gebrülle respektive kontemplativen Gewabere von der Bühne mit seiner gesamten gebündelten Aufmerksamkeit zuwenden möchte. Muss ja auch mal gesagt werden (mal ganz abgesehen von den unangenehmen Begleiterscheinungen wie Spucke im Ohr und Taubheitskrämpfen im inneren Verlauf der Ohrmuschel). Manchmal gibt es aber auch ein Leben neben der Normalität – Mitmenschen, die wissen, dass man Wortbeiträge am besten in den Pausen zwischen den Liedern einstreut beispielsweise. Und Leute, die in zwei schmalen Sätzen vortrefflich zusammenfassen können, was da gerade so abgeht. Leute wie mein lieber Freund Falk. „Wegen dieser Musik wurde eigentlich einmal Punkrock erfunden“, lautete das Statement Nummer 1 und jenes Nummer 2: „Eine technisch und instrumental derart gute Band hat das Gießer 16 wohl noch nie gesehen.“ Zwei schlichte Sätze, hervorgebracht mit einem wohligen Lächeln, die tatsächlich genau beschreiben, was da eine Band namens Osis Krull in einer ausgesprochen ursprünglich gehaltenen Werkshalle mitten in einer wahrlich charmanten Industriebrache des Leipziger Stadtteils Plagwitz veranstaltete (gerne weise ich in diesem Zusammenhang noch einmal auf den formidablen Kanonen- oder besser Kesselofen hin, der als Wärmespender zwar ein wenig überfordert war, dennoch als echter Augenschmaus fungierte).
Nun ist es ja schon seit geraumer Zeit meine felsenfeste Überzeugung: In den Nischen und Randgebieten des Rock streckt und reckt sich ein ausgesprochener Experimentier- und Erfindergeist. Gewissermaßen die Ecke „Daniel Düsentrieb für rettungslos Musikinfizierte“ – wobei auch hier zu beachten ist, dass grundsätzlich kaum bis keine Ausschlusskriterien im Spiel sind. Ich frage mich die ganze Zeit, was da eigentlich los ist – haben sich die musikalischen Sozialisationen derart verändert, dass man auf einmal wieder Dinge zusammen denken kann, die sich bei einem Old Schooler wie mir umgehend gnadenlos ausschließen? Ach je, mach dich einfach mal locker, Alter! Nimm den radikalen Schnitt doch mal eben zurück, den du gemacht hast hinter dem Freakism und Bewusstseinserweiterung und grenzenaufweichenden Hippietum! Denke mal nach über deine Gut-Schlecht-Kategorien, auf denen du deinen musikalischen Kosmos aufgebaut hast! Erstaunlich, was man alles für Anregungen mitnehmen kann, wenn man sich mal mit Verstand in diesen Nischen und Randgebieten von Rock herumtreibt und dabei beispielsweise auf Osis Krull trifft, eine Band aus Dresden, rauskatapultiert aus dem Kosmos Discorporate Records. Eine Band, die eigentlich auf den ersten Blick alles katastrophal falsch macht, was man nur falsch machen kann.
Vier Musiker, hochgradig versiert bis an die Grenze zum absoluten Checkertum, der Legende nach vom fernen Planeten Osis Krull hierher verschlagen auf der Suche nach dem geheimen Treibstoff Möpp, der sich offenbar bei Live-Auftritten bildet. Herrje. Sänger Jo Bierling mag es, barfuss auf der Bühne zu stehen und scheut dabei auch den intensiven Kontakt mit flächendeckenden Bierlachen nicht. Gitarrist Christian Buchmann ist ein GNIEDLER vor dem Herrn! Und wenn Osis Krull den musikalischen Mixer anwerfen, kommt alles rein, was bei 3 nicht auf den Bäumen ist – Noise ebenso wie Freak-Jazz, Schlager und Country (die haben da einen Schunkler auf der Pfanne, bei dem einem die Augen tränen!), Fett-Rock und Math, Metal und melodiöse Schmeicheleien und dies alles am liebsten innerhalb von fünf Minuten vermengt. Klingt nach einer musikgewordenen Schlimmheit und die ersten 30 Sekunden kam es kurz bei mir auf, dieses komische Gefühl des Fremdschämens, als diese Gitarre das erste Mal durchging in Richtung vollkommen haltloses Gegniedel.
Und doch bleibt sie aus, die erwartete Katastrophe. Weil sich Osis Krull auf beeindruckende Art und Weise einen Dreck darum scheren, was ich als Straightness-sozialisierter Nerd mir so für Gedanken mache. Sondern einfach mit gepflegten Muggertum, dem unbändigen Willen zu musikalischer Grenzüberschreitung und gewappnet mit der puren Freude am eigenen Tun (und sei es noch so irrwitzig) ein Konzert aus dem Hut zaubert, das ich so schnell nicht vergessen werde (da will ich nicht einmal davon reden, wie souverän und spaßbetont die Band mit einem hochgradig verhaltensauffälligen Ausdruckstänzer umging, der es sich nicht nehmen ließ, die Bühne mit ungebrochener Ausdauer zu besetzen). Meine Fresse, noch nie hatte ich einen derartigen Spaß an der Beschwörung des fiesen Funkrock-Monsters! An schier endlosen Frickeleien, die stets im genau richtigen Moment von noisigen Batzen niedergeschlagen wurden! Selten wurde ich derart angeregt, einmal nachzuschauen, was sich da abseits der handelsüblichen Wege getan hat und nach wie vor tut (mittlerweile hat mich diese Discorporate-Posse derart versaut, dass ich mir ernsthaft Gedanken darüber mache, ob es sich nicht doch lohnen könnte, mal ein wenig Zeit in die Frank Zappa-Exegese zu investieren). Danke schön dafür.
Zum Thema Discorporate Records findet ihr alles weitere in unserer feinen Nummer 77. Über dieses Label bekommt man auch eine Split-CD von Tarantec und Osis Krull namens „The Candy And Springtime Experience“, die einen ziemlich guten Einblick in die durchaus außergewöhnliche Welt von Bands und Discorporate generell bietet. Ich sage mal so: Nix für Popheads!
hö! was? retro-prog-metal ist doch z.zt. mehr als IN. osis krull scheinen mir in einer aufzählung von earth, über mono und boris bis black mountain nicht gerade herauszustechen. dieses ‚zeug‘ schwillt – im gegenteil – doch gerade mächtig an und ohne kräftiges gegenschüttel – vielleicht aus der country-disco- [ ;-) ] ecke!? – wird das garantiert inflationär werden dieses jahr … und was den humor betrifft, so konnte ich persönlich nie so richtig über krautiges geprogge lachen (ausnahme vielleicht: NEU!), hier ebenfalls nicht. und von wegen zitat, dass wegen sowas ja mal punk erfunden wurde, sage ich: jein. punk & zappa widersprechen sich nicht völlig, auch no-wave geht schliesslich in jene richtung, die ursprünglich einfach mal revisionistisch allen ‚über-rock‘ bilanzierte, – was ja sukzessive immer mal wieder luft schafft/gut tut. aber (dein) enthusiastischer bericht macht immerhin lust auf drogen (was zappa-annäherungen zwar a priori ausschliessen sollte, aber …). eine exegese alter zappa-werke hier im ‚forum'(?) wäre dennoch hochinteressant … wenn zeit dafür ist – nur zu!
hö! was? retro-prog-metal ist doch z.zt. mehr als IN. osis krull scheinen mir in einer aufzählung von earth, über mono und boris bis black mountain nicht gerade herauszustechen. dieses ‚zeug‘ schwillt – im gegenteil – doch gerade mächtig an und ohne kräftiges gegenschütteln – vielleicht aus der country-disco- [ ;-) ] ecke!? – wird das garantiert inflationär werden dieses jahr … und was den humor betrifft, so konnte ich persönlich nie so richtig über krautiges geprogge lachen (ausnahme vielleicht: NEU!), hier ebenfalls nicht. und von wegen zitat, dass wegen sowas ja mal punk erfunden wurde, sage ich: jein. punk & zappa widersprechen sich nicht völlig, auch no-wave geht schliesslich in jene richtung, die ursprünglich einfach mal revisionistisch allen ‚über-rock‘ bilanzierte, – was ja sukzessive immer mal wieder luft schafft/gut tut. aber (dein) enthusiastischer bericht macht immerhin lust auf drogen (was zappa-annäherungen zwar a priori ausschliessen sollte, aber …). eine exegese alter zappa-werke hier im ‚forum'(?) wäre dennoch hochinteressant … wenn zeit dafür ist – nur zu!
nene, vergiss mal boris, earth und vor allem die ziemlich konsenstauglichen black mountain & co. – wenn es hier um gniedler geht, dann um RICHTIGE gniedler! weniger hardrock, mehr jazzrock, weniger prog, mehr fusion (oder so). und metal schon gleich gar nicht (was waren noch mal riffs?).
zappa-exegese? klar doch. bitte voran der herr!
Ich empfehle jeden hippie-hassenden, jazz-verteufelnden Stoner/Doom-Fan eine Zappa-Exegese! Super-Idee… mal mit ein paar Klischees aufräumen.
Osis Krull ist FETT!
Biafrakiller hingegen macht mir Angst. Ich habe Leute schon mal über Schubladen stolpern sehen… „wird garantiert inflationär dieses jahr“ – Mönsch, Onkel! Mache Eier und mach nich eenen uff Prophet!
N.F.U.
(nichts für ungut)
Na, bitte, immerhin hat die Osis Krull-Debatte auch die Fischeier mal angelockt. Lieber
Zappa-Friedel, eine Exegese ist keine Kur. Und der grösste Hippie-Hasser war Zappa selbst. Nicht über Schubladen referieren, wenn man nicht mal eine aufkriegt ; )
Er (der Killer), also ich sagte, – um’s nochmal deutlicher zu machen – doch gerade *nicht ohne ein IRONISCHES Augenzwinkern*, dass Retro-Prog etwa sich im Wert verflachen könnte. Sollte heissen, es wird schon nicht so weit kommen, dass man Country-Disco ins Rennen schicken müsste um den Progg-Dollar aufzuwerten, – comprende? Muss man hier eigentlich alles für Eggs kommentieren, nur weil man Onkel ist?
Ausserdem ist dem Biafra sein Killer durchaus Fan von Progg-‚Zeug‘, eingeschlossen Frank Zappa-Sachen. Na, wenigstens Jensor hatte’s verstanden.
Eine letzte Prophetie: Osis Krull werden sich hiernach umbennenen in Ossi Skurril.
Na, bitte, immerhin hat die Osis Krull-Debatte auch die Fischeier mal angelockt. Lieber
Zappa-Friedel, eine Exegese ist keine Kur. Und der grösste Hippie-Hasser war Zappa selbst. Nicht über Schubladen referieren, wenn man nicht mal eine aufkriegt ; )
Er (der Killer), also ich sagte, – um’s nochmal deutlicher zu machen – doch gerade *nicht ohne ein IRONISCHES Augenzwinkern*, dass Retro-Prog etwa sich im Wert verflachen könnte. Sollte heissen, es wird schon nicht so weit kommen, dass man Country-Disco ins Rennen schicken müsste um den Progg-Dollar aufzuwerten, – comprende? Muss man hier eigentlich alles für Eggs kommentieren, nur weil man Onkel ist?
Ausserdem ist dem Biafra sein Killer durchaus Fan von Progg-‚Zeug‘, eingeschlossen Frank Zappa-Sachen. Na, wenigstens Jensor hatte’s verstanden.
Eine letzte Prophetie: Osis Krull werden sich hiernach umbennenen in Omni Skurril.
jo!
jetzt hadders
musik is mir schitt egal
hauptsache
die haare liegen
biafrakiller… danke für die vielen worte, aber habe ich mit einer silbe um ein countryprogonkel-referat gebeten? nein, inhaltlich ist doch alles im kot bei dir – ich habe mich nur an deiner harschen art etwas gerieben. weil es juckt. du verstehst.
alles gut… bussi bussi…
zappa stinkt
harsche kritik ist gut, konter unter der geschmackslinie
sind allerdings nervig. die musik mag dem einen gefallem, dem
anderen nicht … ich kannte die gruppe bis gestern nicht,
habe das gehört und verstehe die schärfe der kontroverse jetzt erst
recht nicht. geht es etwa um nazirock, sexistischen rap? lässtsich wohl nur dadurch erklären, dass hier eingefleischte fans glauben mit drastischen worten ihre band verteidigen zu müssen gegen den (offenbar) einzigen kritiker. argumente fehlen bisher leider. ‚osis krull sind fett‘ wurde da genannt – ja, was soll man darauf antworten, ausser, möge jeder selbst sich ein hörbild machen (dann aber im zweifelsfall lieber hier
keine kritik mehr an der band äussern?!).
beste grüsse
sendet
Horst
Horst?
Horst?
Kritik? Konter? Wo? Hier ging es doch nicht um Kritik an der Band… oder einen Konter von „eingefleischten Fans“ (DEMENTI!). Und wo bitte siehst du ein Abfallen unter die Geschmackslinie? Wo bitte ist die Geschmackslinie? Hast du sie mal gesetzt? :)
Du hast da, glaube ich, einiges falsch verstanden. Wenn ich „Osis Krull ist fett“ sage, dann ist das keine Verteidigung oder ein trotziger Ruf in die Nacht, sondern mein zufriedenes Statement über das, was ich gehört habe.
Es gibt keine wirkliche Kontroverse… und scharf sieht anders aus.
Es gab lediglich Vorbehalte über gewisse Schubladen und Selbstverständlichkeiten im Zuge der Betrachtung dieser Band. Wenn dir die Sprache nicht gefällt: Hmm, sorry.
Horst, alles gut. Alle lieb. Knuddel knuddel.
Ich habe die Band schon des öfteren LIVE bestaunen dürfen und den ein oder anderen privaten Kontakt aufbauen können
um es so zu sagen, KOMMT DER GOTHAER WANDERZIRKUS in deine STADT dann beweg gefälligst dein AR*** dahin und lebe
^^ schönen Abend noch
wartet mal ab!
[…] November 24, 2009 · Kommentar schreiben „Und doch bleibt sie aus, die erwartete Katastrophe. Weil sich Osis Krull auf beeindruckende Art und Weise einen Dreck darum scheren, was ich als Straightness-sozialisierter Nerd mir so für Gedanken mache. Sondern einfach mit gepflegten Muggertum, dem unbändigen Willen zu musikalischer Grenzüberschreitung und gewappnet mit der puren Freude am eigenen Tun (und sei es noch so irrwitzig) ein Konzert aus dem Hut zaubert, das ich so schnell nicht vergessen werde (da will ich nicht einmal davon reden, wie souverän und spaßbetont die Band mit einem hochgradig verhaltensauffälligen Ausdruckstänzer umging, der es sich nicht nehmen ließ, die Bühne mit ungebrochener Ausdauer zu besetzen). Meine Fresse, noch nie hatte ich einen derartigen Spaß an der Beschwörung des fiesen Funkrock-Monsters! An schier endlosen Frickeleien, die stets im genau richtigen Moment von noisigen Batzen niedergeschlagen wurden! Selten wurde ich derart angeregt, einmal nachzuschauen, was sich da abseits der handelsüblichen Wege getan hat und nach wie vor tut (mittlerweile hat mich diese Discorporate-Posse derart versaut, dass ich mir ernsthaft Gedanken darüber mache, ob es sich nicht doch lohnen könnte, mal ein wenig Zeit in die Frank Zappa-Exegese zu investieren). Danke schön dafür. „ (Persona Non-Grata) […]