Moondog – More Moondog

Text: | Ressort: Musik | 27. März 2009

Tausend Sachen zu regeln, überall brennts und klemmts, das Amt vor der Tür, das Gericht nächsten Donnerstag, den Zahnarzt um halb drei,und das einzige, was man macht, ist sich vorzunehmen, über blinde alte Genies zu schwadronieren, deren Tonträger Querschnitte von Schaffensperioden sind, die in ihrer Gesamtheit mitunter den gleichen Unterhaltungswert bieten, wie es schlohbärtige Männer in Wikingerkostümen an der Strassenecke eben selbst zu tun pflegen: Mond anheulen ist Musik (Klatschen auch).Wer aber mehr über Louis Thomas „Moondog“ Hardin wissen will, als was alle wissen, muss nach Münster gehen, denn dort ist er gestorben und dort trifft man sie, die Menschen, die sagen „Ach ja, der…das war schon n Kauz…Komponist war der? Ach, das hat man dem gar nicht angesehen…“, versonnen lösen sich im Wind Schwädchen vom Staubtuch, ein Laken flattert hinterm Haus scheinbar kybernetisch seine Pattern, aus einem Stubenradio rettet sich ein alter Klagegesang durchs Kippfenster an die frische Luft, um zwischen Kastanienbäumen zu vergehen, so wie es auch die Düfte tun. Das sind die ewiglichen Melodien, die in die Wirklichkeit geflossen kommen und bleiben wie die Stimme des Propheten selbst, der in seinem Monolog der Wahrheit zum Wort verhilft wie er dem Herzschlag äußere Erscheinung verliehen hat. Fundamental. Haben also Moondog, Arvo Pärt, Paul Celan und das Orff’sche Schulwerk die gleiche Kragenweite im Sinne von Selbstverständnis und/oder Wesenhaftigkeit? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur: ihr Ansinnen ist rein und tief wie ein vergessener Bergsee, dessen Oberfläche spiegelklar den Himmel widergibt, das Firmament nunmehr nur Feuerstrahl und Sprachgitter, was natürlich Herz, Geist und Gemüt anrührt, das fühlen wir, wenn wir ihr Werk vernehmen, ja ja, Kreislauf des Lebens und Heilung und so, das ganze spirituelle, na besser, naturphilosophisch-glaubensgetragene Ding, nur halt anintellektualisiert, schallender Zuckerguss als Manifestation des erfahrenden Denkens auf den Urklang und seine Frucht, den Vierviertelakt, lasst dort sein Lieder zu füllen die Luft. So ist stimmig, dass Alles aus Einem entstehe und sich ins Nämliche wieder auflöse, heisst, dass Wesenhaftigkeit entsteht, lässt man sich auf Umgang oder Begegnung ein, und Umgang mit dem, was größer ist als ich, heiße, frei nach Reinhard Falter, „Natur neu denken“: religio. Von daher ganz egal, ob wir Pärts christlich-orthodoxen Ansatz verfolgen, die jüdische Einfärbung Celans, die Pädagogik Orffs oder eben Moondogs Edda-Trip: Gib dem Geräusch Struktur (Klang Rhythmus) und glaub daran, dann macht das alles ganz natürlich Sinn mit der Musik.

(Honest Jons/Indigo)

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3 Kommentare »

  1. label: honest jons!

  2. Kunst kommt von kaufen!

    Moondog und mehr bei:

    http://www.minimamedia.de

    Ahoi!

    Peter

  3. […] von Moondog (nachzuhören z.B. auf dem gerade wiederveröffentlichten Album “More Moondog” aus dem Jahre 1956) wurde bereits einmal von Janis Joplin gecovert. Moondog meinte hernach: […]