Mr Oizo – Lambs Anger

Text: | Ressort: Musik | 6. April 2009

MR. OIZO
LAMBS ANGER
Wie heißt es so ehrlich im Intro des dritten Langspielers von Quentin Dupieux aka Mr.Oizo in Bezug auf die Güte der hier zusammengestellen Tracks: „Some are good, some are bad some are just okay.“! So hält es der Herr über die analogen Würmer, die Moustaches, die halbe Scheren sind und des gelben, Wiener-rauchenden Flat Erics sowieso immer, gerade wenn er behauptet, dass Stücke, die in ihrer Erstellung länger als drei Stunden dauern, nur prätenziöser Dreck sein können. Bei einigen seiner Unternehmungen darf man dem Gesagten, auch auf vorliegendem Album, durchaus Glauben schenken. Immerwährend hält der Meister wohl seine Direktive nicht immer durch. Das zusammen mit Kollege DJ Feadz ersonnenene Trash-Lolita-Konstrukt Uffie erscheint hierbei dann doch viel zu Markt-kalkuliert. Gewollter Schnellschuss oder ausgefuchste Strategie hin oder her – Mr. Oizos dritte Fulltime „Lambs Anger“ gilt für mich als großartigste Elektro-Offenbarung des Jahres 2008. So viele Nerven werden bei mir angeregt. Schon die durchschlagende Affinität der gewählten Sounds zu den End-70er Italo-Horror-Scores bei zeitlupenhaften Kannibalen-Fressorgien im Amazonas-Dschungel oder beim Zombie-Helau im Kaufhaus lassen meine Drähte glühen. Auch die Ausflüge ins Teknozid-Land der frühen 90er, welche im Schmunzel-Prügler „Bruce Willis Is Dead“ (James Brown ist’s ja nun wirklich) kulminieren oder das Anschmiegen an unkaputtbares Oldschool-HipHop-Riffing können in meiner Welt nur Applaus erzeugen. Und all das verleimt Herr Dupieux mittels seines trademarkigen Broken Funks, wie er mittlerweile von seinem „Schüler“ Sebastian in dessen Remixes fortgeführt wird. Das wirkt ab und an tatsächlich wie Dario Argento vs. Michele Soavi. Bei allem Mr. Oizo-Schrillsinn vernehmen wir aber auf „Lambs Anger“ auch „vernunftbegabte“ Floortracks wie bspw. „Two Takes It“ feat. Carmen Castro oder den Hooligan-Bumper „Positif“. Weiterhin erleben wir natürlich auch ein Liedchen mit Ziehkind Uffie, das wie eine drillende Jubelarie auf den 08’er Fußball-Europameister daherkommt. Also alles wieder gewohnt ungewohnt bei Mr. Oizo? Klar doch. Während Kollegen wie Squarepusher einzig die Dekonstruktion zum Ausdrucksmittel deklarieren, verhilft Dupieux dem Wahnsinn über längere Etappen zum Verweilen auf dem Boden der Tanzeuphorie. Warum soll Verrücktheit nicht auch betanzt werden? Gerade an den Stellen, wo die Stücke als Neueditierung alter Hardcore-Funkismen zwischen Chaz Jankel, Midnight Star und Shannon fungieren, atmet „Lambs Anger“ so überaus sinnstiftend. Jegliche Hitanbiederei gilt für den Ersteller allerdings als gestrig, nicht umsonst wird besagten Flat Eric per Cover endgültig der Garaus gemacht. Dupieux’ Filminteresse (er selbst drehte auch schon mehrere Streifen) lugt hier logischerweise innerhalb der Atmosphärenvergabe immer wieder durch, ob „Cannibal Ferox“, 50er SciFi-Kalter Kriegs-Verortung oder 70er Endzeitkino, ein um das andere Mal verzücken die Assoziationen. Nebenher dröselt er klassische Tanzparameter auf, um sie hernach durch den Fleischwolf zu drehen. Die Flying Lizards würden im Heute genau so produzieren. So funktioniert bspw. der Track „Error Jean“ als ein „Let The Music Play“ auf Lastwagenladungen von Chemikalien zur Verbesserung des Launebarometers. „Lambs Anger“ im Gesamten strahlt als die außerirdischste Floorplatte des Jahres 2008 und sozusagen als Gegenpol zu Morgan Geists nicht minder wichtigen, irdischen Begehung der prägendsten Momente des Tanzplaneten.
(Ed Banger Records)

Donis

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