Summer Days With Coo von Keiichi Hara

Text: | Ressort: Film | 10. Mai 2009

Komplexe Zivilisationskritik ohne Zeigefinger im leichten Gewand eines Animeabenteuers. Ein Glücksfall für die Kunstform und für uns alle.

Eine ernsthafte Botschaft zu vermitteln und dennoch nicht zum Spielverderber zu mutieren, ist eine große Kunst. Allzu oft verpufft die Message in einem didaktisch-trockenen Gestus, wenn es dem Werk bei aller Ernsthaftigkeit an einem fehlt: der humanistischen Note.

Dass es auch anders geht, bewies Anime-Großmeister Hayao Miyazaki mit seinem weisen Märchen „Prinzessin Mononoke“, das die Kritik am Fortschrittswahn der Menschheit mit einer fesselnden Geschichte für alle Altersgruppen verband und so weltweit ein millionenköpfiges Publikum erreichte. Rund zehn Jahre später verband Regisseur Keiichi Hara eine moderne Sicht auf unsere Gesellschaft und den allgegenwärtigen ökologischen Niedergang mit den Kinderbuchklassikern von Masao Kogure. Der schrieb vor nahezu 30 Jahren die Abenteuer einer missverstanden Kreatur nieder. Held der Geschichten „Trubel um einen Kappa“ und „Die erstaunliche Reise eines Kappas“ ist Coo, dessen Volk unter einer zweifelhaften Reputation leidet. Der Volksmund beschuldigt die grünen Sumpfwesen Diebe, Mörder und Kindesentführer zu sein. Schuld daran sind die Samurai, deren Größenwahn vor 200 Jahren den Lebensraum der friedliebenden Fischfresser bedrohte, wie wir im Prolog erfahren. Sie schürten die Ängste des Volkes vor den seltsamen Kreaturen, um den Fortschritt und den eigenen Wohlstand voran zu treiben. Auch Coo wird Opfer eines korrupten Schwertschwingers und stürzt in eine Felsspalte, nachdem er mit ansehen musste, wie sein Vater enthauptet wurde.

Die Jahrhunderte vergehen und die Betonwüste rund um Tokio vernichtet die Spuren des Sumpfs, in dem Coo seine Bahnen zu ziehen pflegte. Als ein Junge über den fossilen Kappa stolpert und mit nach Hause nimmt, ahnt er noch nicht, was auf ihn und seine Familie zukommt. Denn mit zunehmender Stärke offenbart Coo der ihm fremden Welt seine Kräfte. Die reagiert verängstigt und fasziniert zugleich und das Auftauchen der ins Fabelreich verbannten Spezies tritt eine Medienwelle los, die den kleinen Kerl unter sch zu begraben droht. Um sich seiner selbst bewusst zu werden, muss Coo zunächst verarbeiten, dass er der letzte seiner Art ist.

Trotz aller Dramatik gelingt es Hara spielerisch, dass der ernste Unterton seine Adaption nicht zu bleiern werden lässt. Auf der einen Seite schafft er das durch die leichtfüßige Inszenierung, die zahlreichen befreienden Momente, in denen einfach nur herzhaft gelacht werden darf. Auf der anderen Seite kommen ihm die liebevollen Figuren zur Hilfe, die Kogure schuf. Der Junge mit seinen pubertären Problemen und seine wachsende Freundschaft zu Coo stehen dabei im Mittelpunkt. Den zunächst hässlich und tollpatschig wirkenden Kappa, der am Ende über sich selbst hinaus wächst und der Menschheit eine Lektion in Sachen Menschlichkeit erteilt, schließt man sofort ins Herz, egal ob die Angesprochenen nun acht oder achtundachtzig sind. Die ganz Kleinen dürften mit 138 Minuten Laufzeit allerdings irgendwann hibbelig werden. Da ist das japanische Kinopublikum vermutlich ’ne Ecke disziplinierter.

„Summer Days With Coo“ ist bei Anime Virtual erschienen.

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