Kurzer Prozess – Righteous Kill
von Jon Avnet

Text: | Ressort: Film | 7. August 2009

Was macht einen guten Film aus? Sind es die Stars vor und hinter der Kamera, die technische Finesse für Augen und Ohren oder ein knallbuntes Marketing? Nein, das sind Parameter für einen erfolgreichen Film. Erfolgreiche Filme messen sich an gefüllten Kinokassen und sind nicht immer auch gute Filme. Der Umkehrschluss ist leider trauriger, viel zu selten ist ein guter Film auch ein erfolgreicher. Sicher ist diese Aussage angreifbar, doch maßgebend ist letztendlich der persönliche Standpunkt.

Es lässt sich grundsätzlich feststellen, dass vor allem die Geschichte welche erzählt wird über die Qualität eines Films entscheidet und das Erzählen selbst. Das sinnreiche Verstricken der verschiedenen interpretierbaren Ebenen zu einem harmonischen Geflecht, das nicht zu durchschaubar gerät und doch den Betrachter nicht für dumm erklärt. Die Figuren begreifbar zu machen, die sich zu- oder gegeneinander stellen. Zulassen, den individuellen Zugang in die Geschichte zu finden. Das Genre ist dabei egal.

Es gibt Momente im Leben eines Cineasten, da er seinen flehenden Blick gen Himmel in Richtung Hollywood erhebt und gebetsartig Wünsche äußert. Einer dieser Wünsche wurde erhört. Robert De Niro und Al Pacino spielen – dreizehn Jahre nach „Heat“ – wieder zusammen in einem Film. „Righteous Kill“ bietet den beiden nicht nur wenige Minuten in zwei gemeinsamen Szenen, sondern die komplette Spielfilmlänge um sich auszuloten. Und das tun sie, dieses Mal nicht als Antagonisten, sondern Seite an Seite. Es macht Spaß ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Zwei Dinosaurier, die jeder für sich Filmgeschichte schrieben. Die großartigen Filmen mit ihrem intensiven Spiel zur Meisterschaft verhalfen, sie fest in unser kollektives Bewusstsein verankerten. Filme wie „Der Pate“, „Taxi Driver“, „Scarface“, „Brazil“ und eben „Heat“.

„Righteous Killerzählt die Geschichte der beiden New Yorker Cops Rooster (Al Pacino) und Turk (Robert de Niro) die kurz vor ihrer Pensionierung einer Serie von Morden auf der Spur sind. Alle Opfer sind vom Gesetz verschont gebliebene Verbrecher. Schnell wird klar, dass der Killer in den Reihen der Polizei zu suchen ist.

Im Prinzip eine solide Story. Nicht ganz unbekannt, aber das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Und Russell Gewirtz ist, nach seinem Drehbuch für „Inside Man“, eine sichere Bank für spannungsreiche Thriller. So denkt man und denkt falsch.

Das Jon Avnet seinen Achtungserfolg „Grüne Tomaten“ (1991) nie wiederholen konnte, mag ein erstes Indiz sein. Doch hält das Darstellerensemble Namen wie John Leguizamo, Carla Gugino und Donnie Wahlberg bereit und verwischt damit jede Vorsicht.

Aber die ist geboten! Was dem geneigten Zuschauer vorgesetzt wird, ist bestenfalls Mittelmass und das auch nur wegen der überdurchschnittlichen Leistung der Schauspieler, allen voran De Niro und Pacino, die sichtliche Freude an ihrer Zusammenarbeit hatten.

Der Plot ist durchschaubar. Wenn Turk am Anfang des Films in einer Videobotschaft ein Geständnis ablegt, ist dies zu leicht als falsche Fährte zu erkennen, was dem Film viel Spannung nimmt. Die Wendungen in der Geschichte sind lau bis abgegriffen und schaffen es nicht Suspense zu erzeugen. Der Konflikt zwischen Turk und seinem Kollegen Simon Perez (John Leguizamo) wird zu oberflächlich abgehandelt und wirkt dadurch aufgesetzt und affektiert. Carla Gugino wiederum hat schwer mit ihrer sehr eindimensional angelegten Rolle als Karen Corelli zu kämpfen. Als Turks Kollegin und Geliebte soll sie als Femme Fatale wirken, wird aber an einer zu kurzen Leine gehalten und kann so nicht überzeugen.

Auch die Dialoge lassen keine Atmosphäre aufkommen. Abgesehen von ein paar Lichtblicken, zum Beispiel wenn sich die Partner Perez und Riley (Donnie Wahlberg) über die Größe des Flachbildfernsehers am Tatort eines der Mordopfer auslassen, wirken sie sonst nicht sonderlich originell.

Das Drehbuch hat gute Ansätze, leider werden diese nicht ausgeschöpft. Die Leistung des Regisseurs kann dem wenig entgegensetzen. Der Film will einfach nicht in Fahrt kommen.

Da hilft es auch nicht, das große Vorbild „Heat“ immer wieder zu bemühen. Wenn am Ende Rooster in den Armen von Turk stirbt ist das wie ein Déjà-vu. Eben nur in vertauschten Rollen. Selbst der Zug, bei „Heat“ am Anfang des Films, fährt vorbei. Soll sich hier ein Kreis schließen? Wohl kaum.

Allein das Finish des Films, düster im Style der Neo-Noir, kann überzeugen, eingefangen von Kameramann Denis Lenoir, der unter anderem auch Francois Ozons „Angel“ fotografierte.

Warum Al Pacino und Robert De Niro dieses Engagement angenommen haben, kann nur vermutet werden. Al Pacino soll einmal gesagt haben, ihm ist das Drehbuch egal, wenn seine Gage nur hoch genug ist. Robert De Niro hat, abgesehen von einem Hotel und einem Restaurant, in Manhattan auch eine Filmproduktion. Vielleicht ist der wirtschaftliche Druck so hoch, dass er immer wieder Rollen annehmen muss, die sich im Mainstream finden und versprechen erfolgreiche Filme zu werden. Diese sind eben nicht immer auch gute Filme.

Es macht Spaß Robert De Niro und Al Pacino zuzusehen und es tut weh zu erkennen, dass „Righteous Kill“ diese seltene Chance nicht nutzte.

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