Away we go & Alexi Murdoch
Text: Lars | Ressort: Film | 22. Oktober 2009Alexi Murdoch – Time Without Consequence
Away We Go OST
Alljährlich wartet man auf eine CD, die einen durch den Winter bringt, die einem die Ohrmuschel wärmt, wenn draußen die Kälte klirrt. Mit akustischer Gitarrenmusik unterlegte Stimmen stehen da hoch im Kurs und neben den Kings of Convenience erscheint dieser Tage auch das ebenso überfällige Album des Schotten Alexi Murdoch. In den Staaten, seiner derzeitigen Heimat, bereits 2006 erschienen und in unzähligen Vorabendserien eingesetzt, haben wir den Release in unseren Breiten wohl Regisseur Sam Mendes zu verdanken,der sein charmantes Roadmovie „Away We Go“ mit Murdochs Musik untermalte. Auf dem Soundtrack sind dann auch, neben Fremdbeiträgen von George Harrison, Velvet Underground und den Stranglers, vornehmlich Stücke von Murdochs Erstling zu finden. Nur drei neue Songs seiner aktuellen EP „Towards the Sun“ haben sich darauf verirrt, die nahtlos an den introvertierten Sound des Schotten anknüpfen. Die wird jenseits des Teichs noch in diesem Jahr erscheinen, ob und wann wir damit rechnen können ist ungewiss. Schade darum wäre es auf jeden Fall, denn Murdoch pflegt darauf konsequent seine Stärken. Die liegen im Songwriting, welches den Geist von Nick Drake atmet. Die Disharmonie einer verstimmten Gitarre gepaart mit dezent gebrochenen Vokals sorgen hier und da für Abwechslung in einem ansonsten sehr harmonischen Gesamteindruck. Minimalistisch und roh reduziert er die Stücke auf das Wesentliche: Instrument und Stimme. Nur vereinzelt flirrt die Elektronik im Hintergrund. Mit seinem wundervollen Bariton ist er in meinem Wohnzimmer bereits heimisch. Schade nur, dass das Tracklisting der vorliegenden Version von „Time Without Consequence“ exakt der drei Jahre alten Erstauflage entspricht. Ein paar neue Stücke hätten es schon sein dürfen. Bleibt die Hoffnung, dass wir auf die nicht ebenso lange warten müssen. (Nettwerk/Soulfood Music)
Aufbruch gelungen
„Away we go – Auf nach Irgendwo“
USA/GB 2009 Regie: Sam Mendes mit John Krasinski, Maya Rudolpf, Jeff Daniels, Maggie Gyllenhaal, Allison Janney, Chris Messina, Catherine O’Hara
Nach zahlreichen starbesetzten Literaturverfilmungen wie zuletzt „Zeiten des Aufruhrs“ adaptierte Regisseur Sam Mendes nun das Debüt von zwei nahezu unbekannten Autoren. Trotzdem sagte er sofort zu, als er es zum ersten Mal las. Schaut man sich das Ergebnis an, ist das leicht verständlich, wirkt „Away we go“ doch wie ein positives Gegenstück zur düsteren Perspektive die Richard Yates in den Sechzigern entwarf.
Hier geht es vielmehr um die Generation der orientierungslosen Mittdreißiger der Gegenwart. Das Pärchen Burt und Verona ist Teil davon. Burt verkauft Versicherungen übers Telefon und es reicht ihnen gerade so zum gemeinsamen Leben in ihrem eigenen kleinen Appartement. Eigentlich sind sie mit ihrem Leben ganz zufrieden, denn ihre Liebe ist ihnen genug. Als Verona schwanger wird, stellt sie jedoch fest, dass sie eines schmerzlich vermisst: eine Heimat. Ihre Familie besteht einzig aus einer Schwester, die am anderen Ende des Landes lebt. Ihre Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben. Auch Burts Eltern ziehen sich gerade jetzt aus ihrem Leben zurück und ins weit entfernte Belgien. Um ihrem zukünftigen Nachwuchs eine sorglose Kindheit zu bescheren, beschließen sie auf Heimatsuche zu gehen und reisen quer durch die Staaten zu Freunden und Verwandten. Dabei müssen sie jedoch feststellen, dass der Lebensplan der Anderen auch alles andere als perfekt ist.
Mendes drehte mit „Away we go“ einen kleinen, grundsympathischen Independentfilm mit unbekannten Darstellern. Einzig die Nebenrollen sind mit Maggie Gyllenhaal und Jeff Daniels semi-prominent besetzt. Der fehlende Druck verleiht seinem Kleinod eine angenehme Leichtfüßigkeit. Begleitet von den wundervollen Gitarrenklängen Alexi Murdochs entfaltet sich ein liebenswertes Roadmovie. Wie schon in seinem Erstling „American Beauty“ sinniert Mendes über das, was dem Leben einen Sinn verleiht. Dabei menschelt es ganz gewaltig und dem Kinogänger wird’s wohlig warm in der Seele. Die Heimat ist schließlich dort, wo das Herz ist. Auch wenn diese Erkenntnis am Ende nicht neu ist, so charmant wie hier wurde der Weg dorthin selten erzählt.
Seit 15.10. über Tobis im Kino.