Chloé – One In Other (Kill The DJ)

Text: | Ressort: Musik | 10. August 2010

Die CD des Monats Juli von Herrn Jensor:

Chloé – One In Other

Chloé Thevenin ist eine, die uns Clubhasen dieser Erde schon durch viele schöne Nächte geholfen hat, als hoch geschätzte DJane, aber auch als Musikern und Produzentin. Denn seit 2002, seit der EP „Erosoft“ hat man Chloe auch auf dem Schirm, wenn es um den Pop im Techno geht – schon diese fünf wunderbaren Song-Tracks zeigten auf, was diese Frau zu schaffen imstande ist. Der nächste große Schritt, das Album-Debüt „The Waiting Room“ von 2007, machte die Tür dann richtig weit auf in Richtung einer Welt, die zwar elektronisch geprägt ist, sich aber mit der nackten Funktionalität des Dancefloor nicht zufrieden geben möchte. „One In Other“, die neue Platte von Chloe, geht entschlossen noch ein ganzes Stück weiter – in Sachen „Kill The Clichés“, wie es im ersten Satz ihrer Biografie (zu finden unter www.dj-chloe.com) gewissermaßen als Schlachtruf formuliert ist.

„One In Other“ ist ein wunderschön funkelndes Juwel. Ein prachtvolles Stück Vielschichtigkeit, Grenzen aufreißend, regelrecht Grenzen sprengend. Da ist alles drin, was mir so wunderbar ans Herz gewachsen ist: Die Melodiöse von Pop ebenso wie das Reduzierte von Minimal, die raumgreifende Psychedelic ebenso wie das Repetive des Krautrock, vermengt mit einer unwiderstehlichen, elektrifizierten Funkiness. Die mächtigen Basslines hat sie zudem aus dem Club mitgebracht: Ohnehin schwingt ein tiefsinniges Dancefloor-Verständnis permanent auf das Wunderbarste mit, ohne sich – wie schon erwähnt – dabei auf pure Funktionalität eindampfen zu lassen. Funktional ist diese Platte in keinster Weise, was sie aber nicht daran hindert, einen faszinierenden Groove zu finden, der einen dann doch wieder ans Tanzen denken lässt, unter 120 bpm hin oder her. Der Punkt ist: „One In Other“ lässt sich einfach nicht kategorisieren. Auch ums Verrecken nicht als Chill-Out- oder Café del Mar-Mugge, dafür verhakt es sich viel zu sehr in den Gehörgängen, um als belangloses Bessergestellten-Listening, das ja in erster Linie keinem weh tun möchte, durchgehen zu können. Dies ist ja immer das Beste, was man von Musik sagen kann. In diesem speziellen Falle äußert sich dies auch darin, dass hier nichts aufgesetzt wirkt. Oder an den Haaren herbeigezogen. Der Crossover findet hier unter der Oberfläche statt, im Sinne einer wirklichen Verschmelzung, die dann auch plötzlich irgendwo zwischen Tortoise und Velvet Underground enden kann. Und Mut hat diese Frau auch noch, wie wunderbar sie es beispielsweise schafft, das klassische Techno-Element des Repetierens, der Wiederholung einzuflechten in diese Song-Tracks und zwar eben auch ganz klassisch bis an jene Grenzen, an denen sich die Geister scheiden zwischen faszinierend und langweilig. Dann wäre da auch noch dieser Humor, dieses ebenso herzliche und tiefgründige Grinsen, das da drinnensteckt in einigen von diesen Stücken; nicht ganz zu Unrecht wurde mal in einer Rezension darauf hingewiesen, dass „One Ring Circus“ fast schon wie eine Persiflage von Techno klingt.

All diese Begeisterung meinerseits schöpft sich mit Sicherheit auch aus der Tatsache, dass Cloé Thevenin eine faszinierende Frau ist. Seit frühester Kindheit ist sie eng mit Musik verbunden, die englische Mutter war selbst DJane und hat dieses Interesse stets gefördert. Dann gibt es diese Verbindung zu der queeren Pariser Clubkultur um das einstige Le Pulp, aus der auch Jennifer Cardini kommt. Oder die Bindung zum Label Kill The DJ, das als Sublabel von Tigersushi solch schillernde Persönlichkeiten wie Joakim, Ivan Smagghe oder erwähnte Jennifer Cardini vereint. Oder die Tatsache, dass sie für sich feststellt, es sei entscheidend, das eigene Tun, gar das eigene Umfeld permanent in Frage zu stellen. Und dass Chloé Thevenin auch schon mal sagt, das Wichtigste über sie sei ihrer Musik zu entnehmen.

(Kill The DJ)

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