Donna Regina – The Decline Of Female Happiness

Text: | Ressort: Musik | 12. August 2010

Die CD des Monats August von Herrn Jensor:

Donna Regina ist auch wieder einmal so eine Band, die mich inzwischen seit ewigen Jahren begleitet. Und dies nicht nur gefühlt oder so. Ich hab‘ im Plattenschrank spaßenshalber mal nachgesehen: „Almaty“ war die erste Platte von Regina und Günther Janssen, die ich mir zugelegt hatte. 1993 oder 94 muss dies so gewesen sein. Nein, ich besitze nicht alle Veröffentlichungen, dies sind ja mittlerweile mit „The Decline Of Female Happiness“ auch schon elf Fulltime-Platten, und nein, ich war auch nie einer von diesen Junkies, die permanent eine wahnwitzige Gier nach Donna Regina-News hatten. Oder einer von denen, die sofort in den Laden gerannt sind, wenn eine neue Veröffentlichung am Start war. Aber wenn mir die Platten irgendwo und irgendwie mal untergekommen sind, habe ich sie immer mitgenommen. Und ich habe es niemals bereut, Geld für Dinge wie „Follow The Sea“, „A Quiet Week In The House“, „Northern Classic“ oder „Slow Killer“ ausgegeben zu haben. Weil Donna Regina auf eine Verbindung aus Song und Track, aus analog und digital, aus Pop und Songwriting geknüpft haben, die mich immer tief beeindruckt hat – gekickt geradezu, wenn man dies in diesem Kontext überhaupt so sagen kann. Eine Verbindung, die tatsächlich auch eine deutliche Einzigartigkeit besitzt. „Unique-Sein“ hat dies vor vielen, vielen Jahren mal Oliver Obert von Sportsguitar genannt: Das Bestreben, einen Sound zu kreieren, zu entwickeln, zu definieren, der erkennbar und identifizierbar ist. Der zugeordnet werden kann. Personalisiert werden kann – in diesem konkreten Fall namens „The Decline Of Female Happiness“ auch beim elften Male bei Donna Regina.
Irgendwo habe ich zu dieser Platte gelesen: „Es ist der Soundtrack, der spielt während man im französischen Landhaus den Lavendel stutzt oder sich die Nägel auf der Terrasse lackiert.“ (Genauer gesagt habe ich dieses Statement genau hier gefunden. Und gerne wird auch (siehe Wikipedia), dass es sich bei Donna Regina um Elektronik-Pop handele. Dies kann man beides auf den allerersten Blick durchaus so sehen, aber es sind irgendwie Aussagen, die mithin Missverständnisse erzeugen können. Erstere impliziert eine Belanglosigkeit, die einfach nicht drinsteckt in diesen zehn Stücken/Songs von „The Decline Of Female Happiness“. Dies hier ist kein Bessergestellten-Listening, no way. Dies will nicht einfach so vor sich hin blubbern. Dies will etwas sagen. Etwas mitteilen. Punkt 1. Und die erwähnte Style-Kategorisierung könnte ohnehin vollkommen in die Irre führen, wenn man sich Elektronik-Pop in einer Weise vorstellt, die eine Menge mit Tanzen oder ähnlichen Euphorie-Effekten zu tun hat. Die Tanzbarkeit war schließlich nie die Sache von Donna Regina, auch wenn man der ganzen Sache einen beeindruckenden Groove nicht absprechen kann. Ebenso wie eine Affinität zu jenem elektronischen Track-Prinzip, die sich für mich vor allem in der „Beat-Arbeit“ von Günther Janssen äußert. Die wiederum (wir haben es hier schließlich mit einer Sache zu tun, bei der viele solche Elemente wie in einem grandiosen Uhrwerk ineinander greifen) in „uniquer“ Form mit einem höchst analogen, hier auch schon wieder geradezu klassisch inspirierten Umgang mit Instrumenten wie Gitarre und Piano verbunden wird. Dabei haben die Beiden eine Perfektion erreicht, die auch die elfte Platte auszeichnet. Diese Sorgfalt! Kein Wunder, dass dann der Titelsong oder „Perfect Stranger“ so trefflich funktionieren, sich festsaugen im Ohr. Es sind Melodielinien, die ich nicht so schnell wieder los werde (was ich dann unterm Strich auch mit dem „kicken“ meine; was kann einen besser kicken als ein Song, den man den ganzen Tag einfach vor sich summt, singt, pfeift usw. usf.). Es geht um Nachhaltigkeit gewissermaßen, wieder so ein bestimmendes Markenzeichen von Donna Regina – auch diese Platte wird eine von denen sein, die ich immer mal wieder raushole und anhöre, wenn mir einfach nach etwas Schönem ist. Denn auch wenn dieses Wort Schönheit in seinem inflationärem Gebrauch abgenutzt erscheint, es passt hier einfach wunderbar – viel besser als die Begriffe Melancholie oder Tiefe oder Verträumtheit oder so, die sonst ganz gerne benutzt werden, aber eigentlich eher unscharf sind und deutlich machen, wie schwer sich diese Musik außerhalb von Feuilleton-Klischees und irgendwie unzureichenden Plattitüden beschreiben lässt.
Natürlich ruht dies alles dann doch nicht so redundant in sich wie sich dies angesichts meiner Vorrede jetzt anhört. Donna Regina wissen sich schon immer wieder zu differenzieren, zu verändern – „unique“ hin oder her. Auch wenn die Trademarks erkennbar sind, zum Beispiel die Stimme von Regina Janssen, die ich – sträflicherweise! – hier noch gar nicht erwähnt habe, „The Decline Of Female Happiness“ fühlt sich trotzdem anders an als die – mir bekannten, wohlgemerkt – Vorgänger. Vielleicht, weil die Wärme und Erfahrenheit, die in dieser Musik steckt, von Selbstzweifeln immer wieder angekratzt wird. Von dem Wissen um solche Dinge wie Älterwerden, Einsamkeit, Sehnsucht. Was unbedingt für die Klugheit von Donna Regina spricht – eine Klugheit, die permanent spürbar ist und dies nicht nur, weil sich der Plattentitel auf eine Studie namens „The Paradox of Declining Female Happiness“ von Betsey Stevenson und Justin Wolfers bezieht.

Ach ja, erschienen ist dies erneut auf dem Label Karaoke Kalk, dessen Schaffen ich an dieser Stelle auch gerne mal in höchsten Töne loben möchte.

www.myspace.com/donnaregina
www.karaokekalk.de

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