Anarchy in GC
The Dark Knight Rises

Text: | Ressort: Film | 27. Juli 2012

Dies ist die Geschichte eines aufrechten Helden. Ein Mann als Trutzburg gegen das Unrecht, unbestechlich, ehrenhaft und bereit für seine Ideale zu sterben. Dies ist die Geschichte von Jim Gordon. Als Streifenpolizist war er es, der dem jungen Bruce Wayne Trost schenkte, als seine Eltern erschossen wurden. Er war es, an den sich der Millionärssohn Jahre später zuerst wandte, als er beschloss, das Böse zu bekämpfen. Das war noch bevor Wayne sich den Umhang umlegte und die Maske aufsetzte und so zu einem Symbol wurde: Batman.

Betrachtet man die Rolle des im zweiten Teil zum Commissioner aufgestiegenen Gordon im Verlauf der nun abgeschlossenen Trilogie, erkennt man ihn als zentrale Figur im Umfeld des dunklen Ritters. Glaubten wir ihn damals bereits verloren, war er es am Ende doch wieder, der den Tag, bzw. Harvey Dent den Hintern rettete, als er den Polizeiwagen vor herabstürzenden Helikoptern und Kamikaze-LKWs bewahrte. Ausgerechnet dieser grundehrliche Mann wird am Ende von „The Dark Knight“ dazu gezwungen, mit einer Lüge zu leben.

Mit Harvey Dent schufen Gordon und Wayne einen Märtyrer, einen weißen Ritter, der den dunklen ablöste, und verschwiegen dabei seine Wandlung zum übergeschnappten Rächer Two-Face. Acht Jahre später lastet diese Geschichte schwer auf Gordons Schultern. Dank Dents Gefängnisreformen scheinen die Straßen so sicher wie nie. Batman ist untergetaucht, spuckt das Volk, das er einst vor dem Bösen bewahrte, doch heute auf ihn, im Glauben, er sei schuld am Tode Dents.

Bruce Wayne wurde lange nicht mehr bei Tageslicht gesichtet und lebt zurückgezogen und verwahrlost im Wayne-Anwesen, das er einst schwor, Stein für Stein wieder aufzubauen. Mit der Ruhe in der Stadt kommt die Erinnerung an den Tod von Rachel. Selbst Alfred, der ehrlichen Instanz in seinem Leben, gelingt es nicht, ihn aus seiner Lethargie zu reißen. Als jedoch eine katzenhafte Trickdiebin in der Stadt auftaucht und auch in sein Anwesen eindringt, werden Waynes Lebensgeister geweckt und bald zeichnet sich ab, dass diese Catwoman nur eine Spielfigur einer Bedrohung ist, die Gotham in den Grundfesten erschüttern wird. Zeit, mal wieder im Keller bei Lucius Fox vorbeizuschauen.

Diesmal setzen Christopher Nolan und sein Bruder Jonathan noch ein paar Zentner oben drauf, die dem Rächer in Lack das Leben schwer machen. War der Joker bereits ein mehr als ebenbürtiger Gegenspieler, der Batman zum Äußersten trieb, so ist Bane sowohl von bestechender Intelligenz als auch körperlich schier unüberwindbar. Das sorgt auf geistiger Ebene, ebenso wie im Nahkampf für einen wesentlich interessanteren Schlagabtausch. Zu versuchen, die fulminante Vorstellung des Jokers zu übertreffen, wäre ohnehin der falsche Weg gewesen. Mit Bane hat man den perfekten Gegenpol aus dem unerschöpflichen Arsenal der DC-Antagonisten gewählt. Ein Outlaw, dessen Ziele jedoch ähnlich denen des Jokers sind: er übergibt die Macht ans Volk, will aber eigentlich nur Anarchie und Chaos. Tom Hardy spielt ihn mit einer imposanten physischen Präsenz, die wenig Raum lässt für emotionale Zwischentöne.

Die ließ auch bereits „The Dark Knight“ vermissen, der die Gefühle unter seinem gigantischen Konstrukt aus Verschwörungen, Korruption und Gewalt fast erdrückte. Christopher Nolans Kino ist ein kühles, in aschgrau gehaltenes, in das diesmal zwar wesentlich mehr Tageslicht fällt, was den grandiosen Stunts noch mehr Unmittelbarkeit verleiht. Die emotionalen Momente des Erstlings werden aber auch im ersten, ruhigeren Drittel nicht erreicht.

Wenn man als Zuschauer danach erneut in den Sessel gedrückt wird und zwei Stunden irrsinnige Action und atemberaubende Spannung miterleben darf, fällt die absente emotionale Tiefe nicht weiter ins Gewicht. Über 160 Minuten spinnen die Brüder Nolan ein fesselndes Netz und spannen den Bogen zurück zu den Anfängen. So gibt es ein Wiedersehen mit einigen Protagonisten aus dem sieben Jahre zurückliegenden ersten Teil und es entsteht der Eindruck eines Gesamtwerks. Fortan wird man wohl auch die Dark Knight Saga zu den großen Trilogien des Unterhaltungskinos zählen. Wo sie sich positioniert, wird die Zeit zeigen.

Aber Nolan ist schon jetzt gelungen, was nur wenige im Mainstreamkino erreichen: einen intelligenten Plot mit einem beachtlichen Einspielergebnis zu vereinen. Dazu versammelte er ein grandioses Ensemble vor der Kamera. Christian Bale wirkt sichtlich gealtert und körperlich wie psychisch gezeichnet von seinem vermeintlichen Sieg gegen die Unterwelt. Michael Caine und Morgan Freeman dienen ihm als Vater- und dem Drehbuch als Lichtfiguren in den düsteren Abgründen der Ereignisse. Gary Oldman unterstreicht die Integrität und Versiertheit der Figur des Commisioners mit ruhiger Überzeugung und er spielt auch im dritten Teil eine signifikante Rolle. Anne Hathaway punktet als Catwoman besonders durch akrobatische Einlagen, insgesamt ist die Figur dann aber doch der von Rachel McAdams in „Sherlock Holmes“ zu ähnlich. Hinzukommen bekannte Akteure aus dem Nolan-Universum: Joseph Gordon-Levitt, der als Blake eine jüngere Version Gordons darstellt, und Marion Cotillard, deren Rolle in dem Machtspiel bei Wayne Enterprises fast zu spät entschlüsselt wird.

Auch hinter der Kamera vertraut Nolan auf den engen Kreis von Kreativen: Wally Pfister, der für seine Bilder in „Dark Knight“ einen Oscar erhielt, ist ebenso erneut an Bord wie Hans Zimmer, dessen dröhnender Score auch so etwas wie ein Trademark für die Filme Nolans geworden ist. Ein exzellentes Team mit dem der Brite ein fulminanter Abschluss seiner Saga gelungen ist. Er hat es tatsächlich geschafft, die Ehre des Fledermausmanns, der in den Neunzigern so viel erdulden musste, wieder herzustellen. Man soll den Tag nicht vor dem „Hobbit“ loben, aber besser wird Blockbusterkino in diesem Jahr wohl kaum.

R: Christopher Nolan; D: Christian Bale, Gary Oldman, Anne Hathaway etc.

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