Die PnG Kinowoche

Text: | Ressort: Film | 22. März 2013

Kon-Tiki

Eine oscarreife Expedition an die Grenzen des Möglichen: die unglaubliche Odyssee des Norwegers Thor Heyerdahl.

Der Gedanke setzte sich wie ein Virus fest im Organismus des verschlossenen Mannes: seitdem er mit seiner Frau Liv (Agnes Kittelsen) längere Zeit auf einer Insel der Marquesas-Gruppe in Französisch-Polynesien verbrachte, zieht es Thor Heyerdahl (Pål Sverre Hagen) fortwährend zurück zum Pazifischen Ozean. Ein Einheimischer erzählte ihm davon, wie seine Vorfahren einst aus dem Osten kamen und die Inseln besiedelten. Das widerspricht der im Westen verbreiteten Theorie, die Inseln seien von Asien her bevölkert worden. Doch die überzeugenden Worte des Alten und verschiedene Arten, die in Südamerika heimisch sind und sich dort niedergelassen haben, wecken Heyerdahls Neugier und Forscherdrang.

Zurück in Norwegen teilt allerdings niemand seinen Enthusiasmus. Heyerdahlt will es den Siedlern vor hunderten von Jahren gleichtun und mit einem Floß aus Balsa-Holz nur mit Hilfe der Strömung die 6900 Kilometer von Peru nach Polynesien überwinden. Er will sich und der Welt beweisen, dass das unglaubliche möglich ist. Doch potentielle Investoren weisen ihn ab, Kollegen lachen ihn aus. Der Krieg ist gerade vorbei und jeder kümmert sich um seine eigenen Probleme. Heyerdahl lässt sich nicht beirren und macht sich auf den Weg zur Sonne. An seiner Seite Hermann Watzinger (Anders Baasmo Christiansen), ein Ingenieur, der gerade aus dem Krieg heimkehrte und sich mit dem Verkauf von Kühlschränken über Wasser hält, aber weiß, dass seine Bestimmung woanders liegt. Er ist Feuer und Flamme für die Idee Heyerdahls und versetzt ihm den nötigen Ruck. Auch der Anruf bei Liv, der er mitteilen muss, dass er nicht wie geplant nach Hause zu ihr und den Kindern reisen wird, hält ihn nicht ab. Er muss seinem Traum nachgehen, auch wenn es vielleicht das letzte Gespräch ist, dass die beiden führen werden.

Angekommen in Südamerika findet der charismatische Idealist doch noch einen gewichtigen Finanzier: Perus Staatsoberhaupt, Präsident José Luis Bustamante, ist ganz angetan von der Vorstellung, dass die Entdeckung einer unbekannten Region von seinen Landsleuten ausgegangen war. Die Überfahrt ist gesichert, die Vorräte auf dem Weg, am Hafen wartet das geräumige Gefährt, entwickelt nach Bauplänen, die dem Originalfloß nachempfunden wurden, und Heyerdahls Freunde und Weggefährten: die Kriegsheimkehrer Torstein Raaby (Jakob Oftebro) und Knut Haugland (Tobias Santelmann), die beide Erfahrungen als Funker haben, Heyerdahls Jugendfreund Erik Hesselberg (Odd-Magnus Williamson), der einzige unter ihnen, der wirklich segeln kann, sowie der schwedische Wissenschaftler Bengt Danielsson (Gustaf Skarsgård), der ihre Expedition auch mit der Kamera begleiten wird. Hinzu gesellt sich ein Papagei und die Reise ins Unbekannte kann beginnen.

Die folgenden 100 Tage sind geprägt von Überraschungen und Entbehrungen, Momenten des Glücks und der Freundschaft, aber auch des Zweifels. Dabei geraten die Insassen des namensgebenden und allmählich unter ihnen verfaulenden Gefährts ein ums andere mal in lebensbedrohliche Situationen. Die Regisseure Rønning und Sandberg, deren letzter Film „Max Manus“ ein internationaler Erfolg wurde, schildern die klaustrophobische Situation in traumhaften Bildern und intensiven Momenten. Von der zermürbenden Zeit des Wartens auf der windstillen See, bis hin zu Szenen voll packender Spannung ist der Ausgang nie gewiss, selbst wenn man mit der Geschichte vertraut ist. Ein großes Leinwandabendteuer, dem man seine internationale Ausrichtung an-, aber einige Momente des Pathos nachsieht.

NO 2012 / R: Joachim Rønning und Espen Sandberg / D: Pål Sverre Valheim Hagen, Anders Baasmo Christiansen

The Best Offer

Guiseppe Tornatore wirft seinen Hauptdarsteller Geoffrey Rush aus der Bahn. Der dankt es ihm mit einer Glanzleistung.

Virgil Oldman (Rush) ist wirklich ein ziemlich alter Sack. Prinzipientreu und menschenscheu hat es der distinguierte Englishman in seinem Beruf als Auktionator zu beachtlichem Ansehen und Wohlstand gebracht. Die private Sammlung kostbarer Gemälde bessert er durch gelegentliche linke Geschäfte mit seinem langjährigen Freund Billy Whistler (Donald Sutherland) auf. Als er den Familienbesitz einer mysteriösen Anruferin auflösen soll, gerät er in den Sog einer jungen Frau (Liya Kebebe), die die Außenwelt meidet und Virgils Fundament ins Wanken bringt.

Tornatore, der einst mit „Cinema Paradiso“ Kinogeschichte schrieb, hat sich dabei viel vom Meister des Suspense abgeschaut. Die Klasse eines Alfred Hitchcock erreicht er nicht ganz. Dafür ist sein Komplott zu berechenbar und die Inszenierung eine Spur platt geraten. Eine herausragende Leistung von Geoffrey Rush und die überzeugenden Nebendarsteller sorgen allerdings dafür, dass wir uns dann doch auf dieses berauschend bebilderte Vexierspiel einlassen.

I 2013 / R: Giuseppe Tornatore / D: Jim Sturgess, Geoffrey Rush, Donald Sutherland

Paradies: Glaube

Teil zwei der Paradies-Trilogie von Ulrich Seidl.

Das ambitionierte Projekt des österreichischen Enfant Terrible geht in die zweite Runde: „Paradies: Glaube“ stellt die Schwester der Protagonistin von „Paradies: Liebe“ in den Mittelpunkt. Während Teresa in Kenia nach Liebe sucht, hat Anna Maria (Maria Hofstätter) sie bereits gefunden. Ihre Beziehung zu Jesus Christus ist geprägt von bedingungsloser Hingabe, sowohl geistig, als auch körperlich (was bei der Premiere in Venedig den Klerus gegen Seidl aufbrachte). Unermüdlich zieht sie durch den sozialen Wohnungsbau und versucht die Menschen zu missionieren. Als ihr Mann Nabil (Nabil Saleh) bei ihr aufkreuzt, wird ihr Glaube auf eine harte Probe gestellt. Der Moslem versteht ihren Sinneswandel nicht und reagiert eifersüchtig auf ihren göttlichen Liebhaber. Um sie zurück zu gewinnen schreckt er auch vor Gewalt nicht zurück.

Bereits in seiner Dokumentation „Jesus, du weißt“ setzte sich Seidl mit fanatischem christlichen Glauben auseinander. Zwar sind die Figuren hier fiktiv, es wirkt aber alles gewohnt authentisch und verfehlt seine eindringliche Wirkung nicht. In der Selbstgeißelung der Protagonistin übertreibt es Seidl mal wieder, um das gewünschte Unbehagen beim Betrachter auszulösen. Ein höchst unbequemer Film, der mit schmerzhafter Gewissheit seine Entsprechung in der Realität hat.

D/AU/F 2012 / R: Ulrich Seidl / D: Maria Hofstätter, Nabil Saleh

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