Die PnG Kinowoche

Text: | Ressort: Film | 11. April 2013

Ginger & Rosa

Haltlos

Zwei Teenies im Taumel durch Pubertät und Kubakrise. Außergewöhnliches Adoleszenzkino von Sally Potter.

Sally Potters Filme sind stets außergewöhnlich. Sei es das Historienwerk „Orlando“, das Ehedrama „Yes“ oder der Tanzfilm „Tango Lesson“ – die Ausnahmeregisseurin definiert das Genre, in dem sie sich bewegt, stets neu. In „Ginger & Rosa“ verquickt sie das Erwachsenwerden eines Londoner Teenagers mit dem Schrecken des Kalten Kriegs und bettet es in eine Geschichte um Freundschaft, Verrat und verletzte Gefühle.

Die 17jährige Ginger (Elle Fanning) taumelt durch die Wirren ihres eigenen Kosmoses. Alles, was ihr Halt gibt, droht wegzubrechen. Ihre Eltern streiten sich nur noch. Vater Roland (Alessandro Nivola), ein Freigeist, der seine Ablehnung von Waffengewalt im Krieg mit einem Gefängnisaufenthalt bezahlte, ist so gut wie nie zuhause. Ihre Mutter Natalie (Christina Hendricks) trägt dies mit bitterem Zynismus, unter dem Ginger zu leiden hat. Alles, was ihr bleibt, ist ihre beste Freundin Rosa (Alice Englert), doch die entdeckt ihre Gefühle für Roland. Im Radio kündet der Sprecher vom nahenden Weltuntergang und die Situation droht zu eskalieren.

Die Idee, das innere Drama in der politischen Situation widerzuspiegeln, geht auf. Die Kubakrise spitzt sich zu und trifft die Protagonistin mitten in der Pubertät. Robbie Ryan („Fish Tank“) stellt die magischen Bilder unbeschwerter Kindheit, düster-unheilsschwangeren gegenüber. Eine wirkliche Wucht ist allerdings Hauptdarstellerin Elle Fanning, die mit ihren gerade einmal 14 Jahren Gingers Hilflosigkeit überragend personifiziert.

GB/DK/KRO 2012 R: Sally Potter; D: Elle Fanning, Alice Englert, Christina Hendricks, etc.

Das Wochenende

Eingeholt

Wenn der Terrorist vor der Türe steht: von alten Idealen und formidablen Schauspielern.

Mit dem Ende der RAF hat man die Verantwortlichen weggesperrt und vergessen. Die Boulevardpresse füllte sich mit neuen Überschriften, der Gerechtigkeit schien genüge getan. An die Zeit danach verschwendete niemand einen Gedanken. Der Bestsellerautor Bernhard Schlink denkt weiter und stellt in seinem Roman „Das Wochenende“ die Ideologien von damals der Realität von heute gegenüber. Nina Grosse („Feuerreiter“) hat die Geschichte für die Leinwand adaptiert.

Ein Anruf und alle Erinnerungen kommen schlagartig zurück: Jens (Sebastian Koch) kommt raus. Vor 18 Jahren war er in den Knast gewandert und Inga (Katja Riemann) hatte ihn seitdem erfolgreich aus ihrem Leben verdrängt. Jetzt ruft Tina (Barbara Auer) an und schlägt vor, ihren Bruder für das Wochenende in ihrem Landhaus unterzubringen. Inga will eigentlich nicht kommen, doch ihr Mann Ulrich (Tobias Moretti) überredet sie schließlich. Mit Henner (Sylvester Groth), einem Gesinnungsgenossen aus alter Zeit, ist die Konstellation komplett. Allerdings dauert es nicht lange, bis sich die alten Komplizen an die Gurgel gehen. Jens ist im Kopf immer noch bei den alten Idealen, während sich für den Rest die Welt weiter gedreht hat. Als Ingas Tochter Doro (Elisa Schlott) auftaucht, gerät die Situation endgültig aus dem Ruder.

Es entspinnt sich eine clevere Auseinandersetzung der Alt-68er mit ausgefeilten Dialogen, dargeboten von einem hervorragenden Darstellerensemble und ausgetragen in der idyllischen Enge der brandenburgischen Provinz. Fesselndes Schauspielerkino.

R: Nina Grosse; D: Sebastian Koch, Katja Riemann, Barbara Auer, Tobias Moretti, etc.

Oblivion

Der Letzte macht das Licht aus

Tom Cruise hält als menschlicher „Wall-E“ die Stellung auf der doch nicht so menschenleeren Erde im neuen SciFi-Streifen von Joseph Kosinski („Tron: Legacy“).

Ja, der Mann darf sich durchaus was einbilden darauf, der neue Liebling des US-Science Fiction Kinos zu sein. Joseph Kosinski hatte sich mit seinen Versionen der Videospielwelten von „Halo“ und „Gears of War“ qualifiziert, Disneys Kultklassiker „Tron“ ins 21. Jahrhundert zu beamen. Ob er dies nun gut gemacht hat, oder nicht, daran scheiden sich die Geister. Fakt ist, dass sein Update über 400 Millionen Dollar eingespielt hat und die Fortsetzung bereits unterwegs ist. Bis dahin genießt Kosinski sichtlich seinen Erfolg und setzt seine Graphic Novel „Oblivion“ mit einem stattlichen Budget für die Leinwand um.

Von der ersten Sequenz an, in der Jack (Tom Cruise) zum orchestralen Getöse von M83s Anthony Gonzalez im schnittigen Space-Heli von der Plattform kippt, macht „Oblivion“ auf dicke Hose. Die Special Effects beeindrucken, das Design der futuristischen Apparaturen ist Apple-stylish und Cruises Body nach wie vor M:I-gestählt. Unter dem Glitzer der luftigen Plattform und dem staubigen Grund der postapokalyptischen Welt liegt allerdings eine recht vorhersehbare, leicht verdauliche Story, die sich clever gibt, jedoch weitgehend ohne wirkliche Überraschungen auskommt.

Jack und Victoria überwachen die gigantischen Generatoren, die die Wasserreserven auf der verlassenen Erde abpumpen sollen. Vor einigen Jahrzehnten fielen hier die Aliens ein und die unausweichliche Konsequenz war ein Atomkrieg, der den blauen Ball unbewohnbar zurückließ. In zwei Wochen geht es auch für die beiden Nachtwächter zum Titan. Doch auf der Erde tummeln sich immer noch ein paar fremde Gestalten, die das Vorhaben sabotieren. Aus gutem Grund, wie sich alsbald herausstellt.

Kosinski will sichtlicht das Gefühl der dystopischen SciFi-Klassiker der Siebziger heraufbeschwören. Wenn Jack auf der verwaisten Erde unterwegs ist, gelingt es ihm die vertraute Atmosphäre der Isolation, die Filme wie „Planet der Affen“, „2001“ oder „Lautlos im Weltall“ prägt, aufkommen zu lassen. Aber „Oblivion“ entscheidet sich schnell fürs Unterhaltungskino, nichts versalzt uns hier das Popcorn. Da wäre durchaus mehr drin gewesen, den Spaß trübt das aber nicht im Geringsten.

R: Joseph Kosinski; D: Tom Cruise, Andrea Riseborough, Morgan Freeman, etc.

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