Lawrence Lee – Baubos Ohrwurm

Text: | Ressort: Literatur | 2. Januar 2014

Es gibt kleine Verlage, die eine wahre Entdeckung sind. So der beschauliche Leipziger ed.cetera-Verlag, der 2012 mit dem spektakulären Roman »XO« von Francis Nenik auf den Plan trat. Nach einigen kleinen Büchern erscheint jetzt der Lyrikband »Baubos Ohrwurm« von Lawrence Lee. Mit vollem Namen heißt der Lawrence Lee Khui Fatt und wurde 1948 in Malaysia geboren. Mittlerweile ist er ein international gefragter Maler und besitzt das Schweizer Bürgerrecht. In der Einleitung seiner Gedichte heißt es, er stelle sich die Frage nach dem Körper von »Alchemie, Kultur, Glauben und Fortpflanzung«. Viel präsenter ist allerdings ein aufdringliches Gefühl der Heimatlosigkeit, beziehungsweise die scheinbar aussichtslose Suche nach dem Selbst. Oft scheint es, als wäre die Sprache ein wichtiges Bindeglied, gewissermaßen Mörtel, um die Kluft zu kitten, zwischen dem Ich und der Heimat. Beides driftet immer weiter auseinander. Und dann tut sich ein zweiter Abgrund auf und stellt alle Versuche in Frage: nämlich ein Abgrund zwischen den Worten und der Welt. Überall spürt man ein Dazwischen, das überwunden werden will, weil ihm ein Schrecken inhärent ist. Der Schrecken der eigenen Existenz. Und diese Existenz findet in einer Gegenwart statt, die durchdrungen ist von Benzinsucht, der Anbetung von Börsenkursen und ausufernder Umweltverschmutzung. Das starke »Ich« in Lawrence Lees Gedichten ahnt, dass Heimat in dieser Welt ein phantastischer Ort ist: »zwischen Drachen und Wolken/ kannst du ewig sein wie du willst/ und doch du selbst/ im Auf und Ab der Ozeanwellen/ Meine nackte Wut/ den Schmerz/ bekleide ich/ mit anmutigen Einfällen«. So ewig die Phantasie ist, so real ist die Zeit, in der eine Stimme vom Älterwerden erzählt, von einem alten Körper, »der nichts als Plagen anzieht« und sich dabei immer bewusster wahrnimmt. Lawrence Lee kreiert ein naturverbundenes Selbstbild, das die Schrecken der Zivilisation und das Übernatürliche der Umwelt einfängt. Dabei bleibt offen, ob das schreibende »Wortwesen« so die Heimat immer weiter von sich stößt.
»Baubos Ohrwurm« ist ein schlichtes Buch, das sehr stilvoll gestaltet ist. Von außen sieht es fast aus wie eine »malaysische Currykonserve«, die in den Gedichten Lawrence Lees auftaucht. Ein kleiner, gelungener Lyrikband, der Gesellschaftskritik übt, der den Raubbau des Maßlosen anprangert, aber eigentlich nur von Menschen erzählt, die sich trotz allem zurechtfinden wollen.

Lawrence Lew: Baubos Ohrwurm, Leipzig, 2013, 8,80€

Joshua Groß

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