Psychopathisch: Satan‘s Satyrs – Don‘t Deliver Us

Text: | Ressort: Kunst, Musik | 17. März 2016

Doch, doch, die mag ich immer mehr. Weil die Satan‘s Satyrs dann doch mal etwas anderes sind im weiten Feld der retrofizierten Rockmusik. Weil sich diese Band eben nicht wohlig eingerichtet hat in der Komfortzone des analogen Warmklangs, der heimeligen Heavyness und des routinierten Repetierens der Genrestandards. Das geht allein schon mit dem Sound von „Don‘t Deliver Us“ los – an die Stelle der gewohnten Massigkeit tritt eine zittrige, fiebrige Höhenlastigkeit und Schepprigkeit, die dem Ganzen von vornherein einen wahrnehmbaren Grad an Nervosität verleiht. Und auch was die musikalischen Ideen und Ansätze betrifft, kommen da ganz andere Dinge durch als der wohlbekannte Kanon der 70-er Jahre Altvorderen: Wenn sich das Klavier irre durch den Opener „Full Moon And Empty Veins“ chargiert, muss man schon ordentlich mit dem Klammerbeutel gepudert sein, um nicht sofort an das ikonische „I Wanna Be Your Dog“ von den Stooges zu denken. Und auch das Anarchische, Chaotische von MC5 kann ich in dieser Musik eher entdecken als den ganz gewiss ebenfalls durchgedrehten, aber dennoch in sich wohlstrukturierten Rock von Black Sabbath. Scheppernde Becken, freidrehende Gitarren, ein holziger, ruppiger Bass und darüber ein Sänger, der seine Psychosen auf der Zunge trägt.

Womit wir beim Punkt wären: Die Satan‘s Satyrs strahlen etwas ab, das zumindest in meinen Ohren eigentlich allen, ähem, Okkult-Rock-Bands (nein, ich mag diesen Begriff nicht so) vollkommen abgeht. Latente Gefährlichkeit, präsente Durchgeknalltheit, famosen Irrwitz – hört man dem leiernden, keifenden, manchmal gar jammrigen Gesang von Claythanas (aka Clayton Burgess – ja, den kennen wir inzwischen auch von Electric Wizard) zu, schlägt der Bauch sofort zu: Das Gefühl, einem Psychopathen zu lauschen, der mit unverkennbaren Wahnsinn in der Stimme eigentlich ganz angenehme Dinge berichtet, bei dem man aber instinktiv weiß, dass dies alles von einer Sekunde in die andere in Mord und Totschlag umkippen kann. Das kribbelt, das schafft Unberechenbarkeit – die sich, Obacht!, auch auf längere Sicht nicht abnutzt. Denn die Satan‘s Satyrs sind bei weitem nicht so musikalisch eindimensional wie gern dargestellt – da kann es schon mal passieren, dass sich zwischen all dem Rock ein entspannter Swingpart einstellt.

Ein wenig intensiver musste ich dann doch auch noch mal über den Sound nachdenken, über diesen gewissen Höhenfetisch und der damit einhergehenden Eliminierung von klanglicher Tiefe, mit dem „Don‘t Deliver Us“ sich wie erwähnt hörbar absetzt. Einfach deshalb, weil sich hier ein Link aufmacht zu einem Musikstil, der sich durch eine ähnliche psychotisch-misanthropische Unberechenbarkeit auszeichnet – Black Metal in der klassischen Form. Das fand ich dann schon interessant, wie sich da zwei Dinge, die rein musikalisch aber auch mal überhaupt nichts miteinander zu tun haben (außer man beschränkt die Sache darauf, dass hier wie da Gitarren und Schlagzeuge im Spiel sind – nene, nicht lachen, solche Reduktionen gibt es häufiger als einem lieb sein kann), rein von der Soundidee annähern. Und ich dachte darüber nach, ob diese Form des Übersteuerns nicht ein ziemlich probates Mittel ist, latentes Unbehagen herauf zu beschwören – einfach, weil man so etwas nicht wirklich gerne hört.

Dies bringt mich zum „last but not least“: Mit „Don‘t Deliver Us“ fordern die Satan‘s Satyrs von dir eine Entscheidung. Das ist keine Platte, die man locker nebenher duddeln lassen kann. Das kann man nur aufrichtig und ehrlich verdammt gut finden. Oder eben genauso aufrichtig und ehrlich Scheiße. Naja, mich haben sie auf jeden Fall gekriegt.

PS: Wie es aussieht, hat sich die (bis dato als Trio agierende) Band verstärkt: Nate Towle von Wicked Inquisition ist als zweiter Gitarrist an Bord. Man darf gespannt sein.

Foto: Label

„Don‘t Deliver Us“ ist bereits via Bad Omen Records erschienen.

satyrs.bad-omen-records.com/

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