Finissage-Festival zur Veranstaltungsreihe der nato und der Ausstellungen in der Galerie KUB mit Moskwa (Lódz/PL), Namenlos (Berlin/D), Kretens (Budapest/HU), Davová Psychóza (Bratislava/SK), Küchenspione (Weimar/D) im UT-Connewitz.
Punk auszustellen, ist die eine Sache. Aber Punk gehört ins Leben und sollte nicht zuletzt als Musik live erlebt werden.
Zweieinhalb Jahre, nachdem unter der Headline »Warschauer Punk Pakt revisited« zu einem unbestreitbar legendärem Abend mit Dezerter aus Warschau, Der Schwarze Kanal und den einmalig reformierten L´Attentat ins UT Connewitz gerufen wurde (das legendär früh ausverkauft war), steht daher zum Abschluss der Doppel-Ausstellung »Warschauer Punk Pakt / Wutanfall« ein noch mehr Ex-Bruderländer umfassendes Mini-Festival mit mehr oder minder alten Helden an.
Mit Kretens kommt dabei eine der ersten klassischen Punkrockbands Budapests, die ihr Live-Debüt im Februar 1981 gab und bald Kultstatus erreichte. Sie war 1983 Teil eines illegalen französischen Films über die Budapester Punkszene, der Grundlage des Dokfilms »East Punk Memories« von 2012, und fand sich auch auf der ersten EP mit ungarischem Punk »Világ Lázadói Harcra Fel«, die 1985 in Frankreich erschien. Dem selben Jahr, in dem Kretens-Sänger Hemü für einen New York Times-Artikel über Punk im Ostblock auf deren Titelseite landete. Was im vergleichsweise liberalen Ungarn, wo im Vorjahr aber trotzdem noch die Punkband CPg im Knast landete, keine Folgen mehr zeigte.
Aus Polen kommt die 1983 gegründete Hardcore-Legende Moskwa aus Lódz, die schon mit der Namenswahl offensiv eine kritische Position gegenüber dem durch die Sowjetunion dominierten System anzeigte. Rasant und radikal, wurden Moskwa schnell eine der populärsten Bands des vibrierenden Polenpunks und mehrfach Protagonisten von Dokumentarfilmen, aber auch zu Material des Videokünstlers Jozef Robakowski.
Für die Szene der Ex-CSSR, speziell deren slowakischen Teil, tritt die Spät-1980er-Gründung Davová Psychóza aus Bratislava an, die sich ihre melodiöse Durchschlagskraft wie den kritischen Geist bis heute erhalten hat.
Die Ex-DDR schließlich wird einerseits von den Küchenspionen aus Weimar vertreten, die 1987 formiert wurden, aber eine Vorgeschichte haben, die bis zum 1982er Punk-Spaßprojekt Brennende Zahnbürsten verfolgt werden kann und danach über MofN und Meldeplicht lief, aber auch eine Seitenlinie gen Schleim-Keim aufweist.
Mit Namenlos kommt andererseits eine der wichtigsten Berliner Bands der ersten Generation, die sogar mit der ursprünglichen Sängerin Jana Schloßer antritt. Namenlos stehen dabei wie kaum eine andere auch für Verfolgung und Widerstand der DDR-Punk-Szene. Gegründet Anfang 1983, wurden schon im August alle Mitglieder verhaftet und außer der minderjährigen Drummerin Mita Schamal zu Gefängnis verurteilt. Für Protest dagegen gingen auch Leipziger Punks hinter Gitter. Aber Namenlos machten nach der Haft weiter und engagierten sich zudem in der subkulturellen Opposition mit der AlösA-Gruppe. Die international agierte, aber vor allem mit polnischen Punks vernetzt war, was 1987 sogar zu einer Polen-Tour unter dem Bandnamen Kein Talent+Namenlos führte, zusammen mit Wartburgs für Walter. Wovon wiederum das beim polnischen Fanzine und Label QQRYQ erschienene Tape »We are the flowers in the red zone Vol.1« zeugt – mit Bands aus Ungarn, der DDR und Polen die erste Compilation im Geiste eines »Warschauer Punk Pakts«.
Mehr Infos zum gesamten Projekt auf www.nato-leipzig.de/projekte/warschauer-punk-pakt
Text: Veranstalter