En Attendant Ana – Principia

Text: | Ressort: Musik | 27. März 2023

Bereits mit dem Album „Dias Raros“ der Melenas hatte das amerikanische Label Trouble In Mind Records eine Überraschung gelandet. Ganz straighte und kompromisslose Kompositionen nebst exzellenter Produktion weist nun auch das dritte Album „Principia“, der Pariser Band En Attendant Ana, auf. Bezüge zu Retro-Folk-Pop à la Belle and Sebastian werden hier ganz groß geschrieben, mittels rauhem Bass-Anschlag aber angenehm zerfasert. Dies wirkt, wie dies bereits bei den Melenas zu hören war, niemals albern oder anbiedernd, sondern eigenständig. Unaufdringlichkeit ist wohl das größte Pfund der Band, auch wenn die Musik dadurch kurzzeitig auch schon mal an die Grenze zum Redundanten, sprich Langeweile, gerät. Die Songs werden getragen, beziehungsweise um die überwiegend sehr englisch klingenden Stimme Margaux Bouchaudons herum gebaut, die fein abgestuft intoniert, dabei meist Susan Vega artig-lakonisch bleibt und ähnlich introvertiert bis rätselhaft phrasieren kann. 

Die Instrumentierung ist immer an den Songs orientiert, welche bisweilen überraschend Ohrwurm-Elemente entwickeln können. Das hat Charme, und der Einsatz der Trompete im Schlussstück „The Fears, The Urge“ ist minimalistisch toll gesetzt. Eine Mischung aus romantischem Wegdriften bis fesselnder Erzählstruktur gibt den Songs gleichzeitig Tiefe und Schwerelosigkeit. Aus diesem Gegensatz speist sich der Reiz der Musik; oberflächliches Bargeplänkel geht, dankenswerterweise, immer wieder in treibenden, etwas plockernden, aber nie krachigen, Beat über und umgekehrt, Post-Wave für die Eckkneipe könnte man sagen, was geschmackvoll durch dezent eingesetzte Blasinstrumente, wie z.B. ein Saxophon, oder die Trompete unterstrichen wird. Live wird das Konzept der Platte ähnlich umgesetzt, Alles dreht und bewegt sich um die Sängerin Bouchaudon, richtet sich nach ihr aus. Sie selbst spielt neben den Keyboards auch Gitarre – eine One-Woman-Show, die allerdings auf die Kraft der Songs besteht, nicht auf Extrapolation einer Haupt-Person. Liebhaberinnen des Post-Punk sehen keine explosiven Gesten, Fans von Folk-Pop erleben keinen aufsteigenden Gänsehaut-Satzgesang. Diese Details sind aber das Einzige, was ich vermisse. Die Band fesselt eben gern leise, auch wenn am Ende einer Live-Show die rumpelige Pogues-Nummer „I’m A Man You Don’t Meet Everyday“ probiert wird. Diese scheint aber zum melancholischen Stil von En Attendend Ana gar nicht schlecht zu passen. Ein elegant swingendes Tindersticks-Stück hätte ich mir noch vorstellen können – wer weiß? Die Band spielt zunächst im Mai eine umfangreiche USA-Tournee und ist danach vielleicht auch in Deutschland bald zu sehen.

Jörg Gruneberg

En Attendant Ana – „Pricipia“, VÖ. 24.02.2023, Trouble In Mind Records

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