Das neue Buch von Francis Nenik

Text: | Ressort: Literatur | 2. April 2013

Werfen wir alle einen Blick in das wundersame Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. „Alphabetisch“ wird da beschrieben als „die heilsame, alphabetische ordnung.“ Über den Begriff „Alliteration“ findet man dort nichts. Das ist nicht weiter schlimm. Francis Nenik, der Bruder Grimm der Postmoderne, hat ein ganzes Buch mit Alliterationen veröffentlicht. Ein Buch, das vermutlich den besten Buchtitel der letzten zwei Jahre hat (sieht man mal von Raul Werno’s „Elektroluchs“ ab, der außer Konkurrenz steht). Da der Buchtitel zu lang ist, um als Überschrift zu fungieren, will ich ihn hier in voller Länge zitieren. Überlegen Sie sich beim Lesen bitte, warum diese Rezension mit einem Hinweis auf die heilsame, alphabetische Ordnung begann.

Ach, bald crashen die Entrechteten furchtlos gemeingefährliche, hoheitliche Institutionen, jagen kriegserfahrene Leutnants mit Nachtsichtgeräten oder parlieren Querbeet russisch, swahili, türkisch und vietnamesisch, während Xanthippe Yamswurzeln züchtet.:

(Der abschließende Doppelpunkt wurde als angedeutetes Wiederholungszeichen vom Rezensenten hinzugefügt, um Ihnen zu suggerieren, den Titel noch mal zu lesen.) Dieses Buch verwendet die alte Rechtsschreibung, bei manchen Wörtern aber auch die neue. Bei einigen hingegen nutzt es eine ganz alte, weshalb sich am Ende eine ganz neue ergibt, heißt es im Impressum. Und das kann der Leser erkunden, wenn er sich durch Francis Nenik’s Alphabet schlägt. Das Buch versammelt Gedichte, Quasigedichte, Kurzgeschichten, Szenen, Cuts, Fußnoten, etc. Jeder Text steht unter dem Schutzmantel eines anderen Anfangsbuchstabens. So läuft das…von A bis Z.

Francis Nenik ist bekannt geworden mit seinem Buch XO, das 2012 im Leipziger ed.cetera-Verlag erschien. Es wurde breit besprochen (und gelobt). XO ist ein zahmes Ungeheuer, das die Monster-AG desertierte, weil es dort einfach zu harmlos zuging. Der Roman treibt mittlerweile unabhängig Revolte. Manche beschreiben ihn ehrfürchtig als Ungetüm, andere beschreiben ihn realitätsnah als unglaublich und unumgänglich. Es ist nötig, dass der ed.cetera-Verlag diese Bücher in Deutschland veröffentlicht. Wer Francis Nenik allerdings wirklich ist, weiß niemand so recht. Einige Spuren verlieren sich in seinem Essay „Vom Wunder der doppelten Biografieführung“, oder im Eingeständnis, der Name des Autors sei ein Pseudonym. Jeder könnte Francis Nenik sein. Immerhin soll noch dieses Jahr ein weiteres Buch von ihm erscheinen.

Kurzform:
Kredenzt Kapitel, ködert kaputte Klugscheißer, kapiert kurzzeitig[1], kontrolliert Konsum, klaut Kaviar, kerkert Kaulquappen, kauft kurzweiliges

Ach, bald crashen die Entrechteten furchtlos gemeingefährliche, hoheitliche Institutionen, jagen kriegserfahrene Leutnants mit Nachtsichtgeräten oder parlieren Querbeet russisch, swahili, türkisch und vietnamesisch, während Xanthippe Yamswurzeln züchtet

und belauscht die pulsierenden Echos der Doppelpunkte, die sich in kryptischen Zauberwäldern auflösen…

Das neue Buch von Francis Nenik, ed.cetera, 9,90€

Joshua Groß


[1] Das wäre zumindest ein Anfang.

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