Haldern: Silbern, nicht grau
Text: Klaus | Ressort: Musik, Veranstaltungen | 30. Juli 2008Das Haldern Festival feiert 25. Jubiläum, mit dem aufregendsten Line-Up dieses Sommers
Anfang August ist es wieder soweit. Der alte Reitplatz wird zum Festgelände und Musikbegeisterte aus nah und fern versammeln sich zum wohl Festival weit und breit. Seinen 25 Jahrestag feiert das Haldern Festival in diesem Sommer, mit einem unglaublichem Line-up. Wer da nicht dabei gewesen sein wird, wird das alles später nur für eine Legende halten, eine Erfindung, wie Woodstock – und es werden wohl einige außen vor bleiben. Das Festival ist ja längst ausverkauft. Qualität hat sich durchgesetzt. In diesem denkwürdigen Jubiläumsjahr macht sie sich in Haldern noch breiter als in den Jahren zuvor.
25 Jahre ist nun also her, dass man sich mit dem Ringelpietz mit Musik aus der Konserve nicht mehr zufrieden gab, der dem Festival, auf Betreiben von 14 Messdienern und ihren zwei Oberministranten, drei Jahre voranging. Damals stellte man ein Beteiligungsprojekt zur Finanzierung auf die Beine. 54 Aktionäre zahlten 500 DM ein und am 23. Juni 1984, einem Samstag, wurde erstmals live gespielt. Zu sehen waren The Chameleons, Nightwing und Herne 3. Dass die „Aktionäre“ bei den ersten Anläufen stets draufzahlen mussten, ließ die Begeisterung für ihr Projekt, ihr Baby, nicht schwinden. Und so wuchs es heran, mehr Künstler, mehr Zuschauer, verlässliche Sponsoren, treue Fans und die Organisation spielte sich natürlich auch nach und nach ein. Gelegentliche Rückschläge ließen sie nicht wanken, Wetter, Absagen und Unterfinanzierung konnten die Begeisterung für die eigene Unternehmung nicht schmälern.
Lang und namhaft ist mittlerweile die Liste der Acts, die bereits hier spielten und für nicht wenige stand Haldern auch am Anfang ihrer Karriere. Dank des guten Riechers für Talente konnte man hier schon des Öfteren Bands und Solokünstler sehen, von denen ein paar Wochen später jeder sprach; Element Of Crime, Art Brut, Patrick Watson, Final Fantasy und zuletzt Kate Nash… Natürlich kamen nicht nur Unbekannte, sondern auch arrivierte, ach was sag ich, Legenden: Afghan Whigs, The Tragically Hip, The Nits, Bob Geldof, Giant Sand, The Jayhwaks, The Bluetones, The Walkabouts, The Cardigans, Patti Smith, Paul Weller, dEUS, Soundtrack Of Our Lives, Bright Eyes, Mogwai, Franz Ferdinand usw. Dabei gab es nicht wenige auf und vor der Bühne, die diese Veranstaltung in ihr Herz schlossen und wiederkehrten. Unvergesslich bleibt wohl für viele das fulminante Konzert von The Divine Comedy mit Unterstützung durch das örtliche (!) Sinfonieorchester.
Selbstverständlich, ich betonte es bereits, ist das Line-Up in diesem Jubiläumsjahr ganz besonders spektakulär aufgestellt: man weiß gar nicht, wo man anfangen soll – den Veranstaltern entging das Problem nicht, und sie kamen auf die grandiose Idee, die Sektkorken schon am Donnerstag knallen zu lassen. Also nicht so zwei, drei kleine Konzerte, draußen im Spiegelzelt, wie schon in den vergangenen Jahren. In diesem Jahr muss es auch die Hauptbühne sein und dort sieht man dann die grandiosen Flaming Lips. Sonst mit ihrer überbordenen Show nur noch auf großen Bühnen zu Gange, geben sie hier ein für ihre Verhältnisse geradezu intimes Open-Air-Konzert. Dagegen stinkt zwar fast alles andere ab, aber die Editors, Iron & Wine, Scott Matthew, Okkervil River und The National sind ja auch nicht zu verachten, ach was red ich, jede der genannten Band würden jedes andere Festival als Headliner adeln. Doch auch die jungen Wilden sind vertreten mit Kate Nash, Foals, Joan As A Police Woman und dem Audioblog-Hype aus Skandinavien: Lykke Li. Und für gestandene Musikliebhaber wurden Kula Shaker, Bohren und der Club Of Gore und die Gutter Twins engagiert. Letztgenannte zähl ich mal nicht zu den Newcomern, da hier nur der Projektname und die gemeinsame Platte wirklich neu sind und beide schon 2006 als Twilight Singers und Gast auf der Hauptbühne zu sehen waren.
Doch für die Qualität und den Wohlfühlfaktor sind nicht nur die Musiker zuständig. Hier zählt vor allem auch die selbst auferlegte Beschränkung auf 5000 Besucher, die wohl maßgeblich für den familiären Rahmen verantwortlich ist. Auch die zahlreichen freiwilligen und im besten Sinne unprofessionellen Helfer sorgen für Volksnähe. Nichts stößt unangenehmer auf, als pampige Atzen in der Ordnertruppe. Nein, hier herrscht ein anderer Ton und das ist gut so. Dann wär da noch die Location, von Bäumen umstanden, ein Badesee gleich nebenan und auf dem Campingplatz haben gestern noch glückliche Kühe gerast. Natürlich ist auch das Publikum ein anderes als auf den Riesenveranstaltungen, die immer die gleichen, aber zunehmend unansehnlicheren Rockrentner headlinen. Für die meisten aus der Umgebung ist es ein alljährliches Klassentreffen, ein Anlass zur Heimkehr und um Freunde und Verwandte wiederzusehen. Dank dafür. Und danke auch dafür, dass es neben der Hauptbühne nur das kleine, feine Spiegelzelt gibt und die Konzerte sich nicht den ganzen Tag lang überschneiden. Kein lästiges und kräftezehrendes Hinundhergerenne und Gedrängel. Stattdessen, und auch das ist Haldern: Stehen- oder Liegenbleiben und der Dinge harren, die da kommen. Ganz easy, ganz entspannt, alles wird gut!
Alamo Race Track (im Zelt)
The Blakes
Bernd Begemann (im Zelt)
Bohren und der Club of Gore (im Zelt)
Dirty Projectors (im Zelt)
Editors
Fink (UK) (im Zelt)
Flaming Lips (Hauptbühne, Donnerstag)
Fleet Foxes (im Zelt)
Foals
Gisbert zu Knyphausen (im Zelt)
Guillemots
Gutter Twins (im Zelt)
The Heavy
Iron and Wine
Jack Penate
Jamie Lidell
Joan as Police Woman
Jumbo Jet (im Zelt)
Kate Nash
Kula Shaker
Loney, Dear (im Zelt)
Lykke Li (im Zelt)
The Dodos
The Kilians
Maximo Park
Mintzkov
Mystery Jets (im Zelt)
My Brightest Diamond (im Zelt)
Okkervil River
Ólafur Arnalds (im Zelt)
Scott Matthew (im Zelt)
Soko (im Zelt)
The National
White Lies
Yeasayer (im Zelt)
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