Ron Sexsmith – Exit Strategy Of The Soul
Text: Klaus | Ressort: Musik | 21. November 2008Eigentlich wollte ich diese CD nicht rezensieren, da es schmerzt weniger Gutes über einen Künstler schreiben zu müssen, den man eigentlich sehr schätzt. Letzteres wussten auch einige Kollegen und nötigten mich quasi.
Der erste Eindruck trügt auch nach dem zweiten und dritten Durchlauf nicht: zu viel Zuckerguß, unnötiger Zierrat, zu viel Soße. Obwohl sich die Songs selbst auf bewährt hohem Niveau bewegen gewinnt man den Eindruck, dass die Stücke schnell für den Massen- (Hausfrauen-?) geschmack aufgepeppt werden sollten. Warum? Der Versuch eigentlich simple sensible Geschichten zu „großem“ Format aufzublasen scheitert hier kläglich. Zu wenig Zeit? Hier schnell ein paar Bläser, da ein Chor und dort noch ein paar Violinen. Herr Sexsmith ist nun mal nicht Billy Joel und für die große Geste die das Orchester wiederholt aufbaut ist seine beschränkte Stimme und auch sein Persönlichkeit nicht geschaffen. Das teilweise auftretende Bruce Hornsby-Klavier nervt und jeder plimpernde Schnörkel ist hier zuviel. Doch allein schafft es wieder einmal ein Schlagzeuger ein komplettes Album zu ruinieren indem im Takt auf den Becken rumgetippt wird. Da denkt man wehmütig an atemberaubende, emotionale Konzerte mit begrenzter Besetzung, keine Motownchöre, keine uninspirierten jazzy Bläsersätze, keine Orgeln usw..
Die Produktion vergeigte Martin Terefe, der schon zuvor zwei Produktionen, der bislang elf Studioalben, betreute. Jedoch mit erheblichen Unterschieden: während das 2002er „Cobblestone Runway“ in die selbe Richtung der fulminanten voluminösen Produktion geht, aber quasi die gelungenere Zuckergusstorte ist hielt er den Ball beim 2004er „Retriever“ erfreulich flach und fabrizierte ein erdig, rootsiges Singer- / Songwriteralbum in dem zwar auch mal ein Orchester anklingt sich aber stets im Hintergrund hält und neben der Stimme nur Klavier und Akustikgitarre stehen. Wie es klingen könnte ohne großen Zauber kann man auf dem Sexsmith & Kerr- Album vernehmen, das mit dem Tourschlagzeuger der Retriever-Tour entstand und bei dem Herr Kerr die Fäden in der Hand behielt. Inspiriert von der guten Harmonie ihrer beiden Stimmen nahmen sie einfach ein Art eigenes Everly Brothers-Album auf. Sehr nett übrigens.
Doch zurück zum neuen Album, bei genauerem Hinsehen entdeckt man natürlich trotzdem ein paar Stücke, wie das zart dahingetupfte „Chased By Love“. Den Ron Sexsmith will ich, den scheuen gedankenversunkenen sensiblen Singer-/Songschreiber, keinen Troubadour, keinen Joel, der es allen Recht machen will. Verdienter Erfolg hin oder her, keine Anbiederung an die imaginäre Masse, wenn die Musik darunter leidet.
Weniger ist eben doch manchmal mehr und noch viel weniger wär hier noch noch besser. Bitte das nächste mal so was wie Campfiretapes oder vielleicht leiht Vic Chesnutt dem Kanadier die Constellationposse (um Thee Silver Mt. Zion) , die dessen letztes Album zu einem großartigen vielschichtigen Werk geraten ließ ohne überproduziert zu klingen. Vorn scheint das Licht, pflegt ein Redaktionskollege immer zu sagen und in diesem Sinne geb ich Ron Sexsmith mal noch nicht verloren.
(Ronboy Rhymes / V2 / Universal)