Im Licht stehen

Text: | Ressort: Musik, Veranstaltungen | 22. April 2009

Ein Konzert ist mehr als die üblichen paar Bier, das Herumhängen mit den üblichen Verdächtigen und den paar Musikern, die auf der Bühne herumstehen. Ein Konzert ist der Nabel der Welt, die Offenbarung, das herzlichste Glück, das Licht im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Konzert ist Pop in seiner ganzen Unmittelbarkeit, Direktheit und Emotionalität. Ein Konzert ist die Verdichtung des Augenblicks in seiner ganzen Schönheit und Unreproduzierbarkeit. Ein Konzert erzeugt im Kopfe eine Euphorie, die im gelungensten aller Fälle über Tage, Wochen, Monate nachhallen, nachschwingen kann. Wenn man es denn riskiert zuzulassen, das ein Konzert eben etwas Einzigartiges ist, das sich nicht aus einer allzu routinierten Herangehensweise erschaffen lässt. So etwas braucht Investition: In eine Idee, die sich nicht erschöpft in der handelsüblichen „Gut, stellen wir jetzt mal eine Band auf die Bühne und ab ist der Lack“-Philosophie. Eine Idee, die sich der Außergewöhnlichkeit des Erlebnisses Konzert bewusst ist und vielleicht sogar versucht, diese noch stärker zu unterstreichen, zu betonen, hervor zu heben. Eine Idee der Hingabe, der Liebe, ja auch des Idealismus. Der Blisstrain (gerade jüngst unterwegs gewesen) ist so eine Idee – oder aber eben ganz aktuell die dritte Reise eines Moutique Ensembles. Ein in seiner Zusammenstellung wechselndes Ensemble, immer wieder aufs Neue gefügt und auf Tour geschickt von der Agentur Moutique – so viel Respekt muss sein! „Ziel der Moutique Ensembles soll es sein, mehrere Künstler musikalisch aufeinander abzustimmen, über längeren Zeitraum zusammenzubringenund so letztendlich ein noch reizvolleres Tour- und Konzerterlebnis für Künstler und Zuschauer zu ermöglichen: Nämlich einen unvergesslichen Abend voller harmonischer Musikalität“, so lautet das eigene Selbstverständnis – ein Selbstverständnis, aus dem nicht nur die Liebe und Hingabe heraus spricht. Sondern eben auch die Verheißung eines Konzertes in der schönsten und spannendsten Form – mit den Optionen des Miteinanderagierens, des Mehr über die reine Songreproduktion hinaus. Und selbst wenn es nur bei dem Versprechen bliebe, es kitzelt einfach mal die Nerven aufs Zauberhafteste.
Und dazu ist es ja auch eine Sensation, wer da mit dem Moutique Ensemble unterwegs ist: Mat Brooke mit seinen Grand Archives. Jener Mat Brooke, der einst beim „Everything All The Time“-Debüt von Band Of Horses mit dabei war. Eine Band, von der Freund Nimrod einst in der PNG # 75 schrieb: „Im Herbst 2006, zur unmöglichsten Jahreszeit, als sich die Tage schon wieder eingetrübt hatten, begann Brooke seine Grand Archives aufzustöbern. Überraschend schnell fanden sich Musiker, die wie er ganz versessen darauf waren, sich nicht länger vor der Dunkelheit zu verbergen und sie in elegischen Songs zu verfluchen. Es mag gut sein, dass dies an dem Licht gelegen hat, das Mat Brooke bereits mit sich trug – sozusagen, aber ganz gewiss heißer als nur sinnbildlich: der Funke der Inspiration. Aus Brookes Idee Grand Archives entwickelte sich ein fantastischer Plan, diesen Schein noch durchdringender zu polieren, ihn richtig fett und unwiderstehlich blendend aufzumoppen: mit vier-, gar fünfstimmigen Vokalharmonien wurde die Essenz umschmeichelt, Refrains mit unwiderstehlich gut aufgelegten Pfiffen und rhythmischen Klatschen pointiert, es wurden Posaunen aufgetragen und Flügelhörner, Celli für wie lebendig pulsierende Basslinien gezupft und über den bezaubernden Klang von Ukulelen der Strand von Waikiki sauber und ursprünglich reimaginiert, kurz, Grand Archives haben wahrhaftig nichts unversucht gelassen, um diesen essenziellen Schein, dieses originäre Licht selbst einer Wohlklang strahlenden Supernova aufsteigen zu hören.“ Dieser schöne Begriff „unwiderstehlich“ – gleich zweimal verwendet – ist eine treffliche Definition für den Zauber des im März letzten Jahres via Sub Pop erschienenen Debüts „The Grand Archives“. Weil diese elf Songs wahrlich unwiderstehlich sind – und dies nicht allein wegen der von Nimrod so bildgewaltig umschriebenen Vielfalt und Opulenz der Klänge, die einen gar nicht wieder loslassen möchte. Nein, es ist eben auch die Essenz, die nachhaltig wirkt – die Essenz der Songs, um die herum die Opulenz wahrhaftig auf Spiegel aufgebaut wurde, um das Licht in dieser Musik nur noch heller, intensiver strahlen zu lassen. Spannend zu erleben, wie dieses Licht auch von einer Konzertbühne strahlen kann – ganz gleich, ob voller Opulenz oder in reduzierter, vielleicht gar karger Schönheit.
Eine wahre Persönlichkeit stellt das Moutique Ensemble auch mit der zweiten Band auf die Bühne: Andrew Kenny, im Flyer zu seinem gerade vor einigen Tagen erschienenen The Wooden Birds-Debüt „Magnolia“ von Label Morr Music (hier hochgeschätzter Hort des Wohlklangs!) als „Herz, Kopf und Zunge von American Analog Set“ beschrieben. Ein Mensch, der immer ganz dicht heranrückte an unsere Ohren, um uns zu umgarnen und auch zu verwirren mit einer offenherzigen Intimität, vor der ein Entrinnen unmöglich war. Und der nun via The Wooden Birds die Unmöglichkeit möglich machte, noch weniger Distanz zu mir, zu dir zuzulassen – mit einem Ansatz, der sich zwar dem Pop nicht verschließt, aber sich eher in der Tradition von dem Prinzip Singer/Songwriter verorten lässt. Ein aufregender Gegensatz zwischen dem berückenden Scheinen von hellen Licht und der intimen Reduktion in eine Dämmerung, die die Dinge ineinander verschwimmen lässt. Ein Moutique Ensemble, das zu präsentieren wir als PNG durchaus ein bisschen stolz sind – weil sowohl aus dieser Idee als auch aus dieser Musik eine Hingabe, eine Liebe spricht, der wir uns nur zu verbunden fühlen.
Jensor

PS: Im Licht stehen – dafür verschenkt Persona Non Grata nur zu gerne zweimal zwei Tickets für den Besuch des 3. Moutique Ensembles am 16. Mai im Leipziger UT Connewitz zur (Pop Up 2009. Einfach redaktion@png-online wählen und immer daran denken: Der frühe Vogel fängt den Wurm!

MOUTIQUE ENSEMBLE feat. Grand Archives (Bild ganz oben) & The Wooden Birds (Bild hier)
praesentiert von byteFM, nillson.de, persona non grata & Mainstage.de

27. April Stuttgart – Schocken
28. April GER Trier – Chat Noir
29. April Groningen – Vera (NEL)
01. Mai La Chaux-de-Fonds – Bikini Test (SUI)
02. Mai Luxembourg – d*qliq (LUX)
03. Mai Winterthur – Albani (SUI)
04. Mai Paris – Cafe De La Danse (FRA)
06. Mai Valencia – Wah-Wah Club (ESP)
07. Mai Madrid – Moby Dick Club (ESP)
08. Mai Zaragoza – Café Hispano (ESP)
09. Mai Barcelona – Apolo (ESP)
10. Mai Hondarribia (near San Sebastián) – Psilocybenea Cultural Center (ESP)
12. Mai München – Orangehouse
13. Mai Wien – Wuk (AUT)
14. Mai Zagreb – Teatar & Td (CRO)
15. Mai Dresden – GrooveStation
16. Mai Leipzig – (Pop-Up Festival @ UT Connewitz
17. Mai Berlin – Café Zapata

Infos und Hörproben gibt es hier:

http://www.myspace.com/thewoodenbirds
http://www.myspace.com/grandarchives
http://www.myspace.com/moutique

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