Doom over Leipzig – Rückblick Teil 1

Text: | Ressort: Allgemein, Musik, Veranstaltungen | 14. November 2010

Kodiak

Part 1 ist Geschichte. Und es hat funktioniert. Richtig gut funktioniert: der Keller in Leipzig war anständig voll, das anwesende Publikum ebenso angenehm gemischt von Stammpublikum über klassische Metalheads bis hin zu jenen, die vermutlich im Normalfall nie einen Fuß in so einen Laden setzen würden, wie interessiert-fachkundig, die Bands durchweg ansprechend bis höchst positiv überraschend. Fühlte sich für mich irgendwie an wie der Anfang einer schönen, langen Leidenschaft namens „Doom over Leipzig“, für die sich erfreulicherweise noch eine ganze Menge anderer Leute begeistern können. Da sollte die Hoffnung auf Neuauflagen nicht vergebens sein – mal abgesehen davon, dass uns ja noch der zweite Teil am Samstag erwartet.

Kodiak

Nicht zuletzt aus musikalischer Sicht wurden für mich alle Erwartungen dicke erfüllt – was sich in erster Linie an den zwei bereits angedeuteten feinen Überraschungen und einer Begegnung mit einem geschätzten Bekannten festmachen lässt. Überraschung Nummer 1: Kodiak. All jenen, die dies bis dato „nur“ vom Tonträger kennen, sei das Live-Erlebnis wärmstens ans Herz gelegt – wenn man denn Freude an dieser Form von Musik findet, dies muss einschränkend schon gesagt werden. Schließlich war das Adjektiv „anstrengend“ jenes, das ich nach dem Konzert am häufigsten vor der Tür vernahm und dies immerhin im Kontext eines Publikums, das sich selbst mit Sicherheit weit außerhalb gängiger (Rock-) Musikkonventionen verortet. Aber auf dieses sehr intensive Drone-Noise-Doom-Gebräu, das da von Kodiak gereicht wird, muss man sich schon mit vollen Herzen einlassen, auf diese Soundforschung an der Stromgitarre, die nur gelegentlich, aber dafür um so wirkungsvoller von Doom-Riffs und Schlagzeug unterbrochen wird. Tut man dies, wird man aufs Wunderbarste belohnt: Nicht ohne Grund stößt man immer wieder auf Worte wie „Rausch“ und/oder „Intensität“, wenn man sich mal diverse Texte zur Band bzw. deren Veröffentlichungen liest. In der Gedrängtheit und (gewollten) Dunkelheit des Zoro kombiniert mit einem ziemlich fetten Sound funktionierte dies noch einmal so gut – so gut, dass ich danach draußen erst mal saftig durchatmen und verarbeiten musste. Ach ja: Ernsthaftigkeit wäre noch so ein Begriff, den ich im Zusammenhang mit Kodiak gerne loswerden möchte. Diese Musik ist auf wirklich ergreifende Art und Weise ernsthaft, so sehr, dass es beinahe schon beängstigend ist – was aber wiederum mit Sicherheit auch eine Intention der Band ist.

Khuda

Überraschung Nummer 2: Khuda. Dieses Duo gab uns den Zwischenact im Second Floor und es verpasste dem ganzen Festival eine ganz anständige Prise von etwas, das ich ansonsten vielleicht sogar ein wenig vermisst hätte – Humor. Ja, in diesem ebenso wilden wie schmackhaften Cocktail, der da serviert wurde, schmeckte ich ganz deutlich den feinen Geschmack des herzhaften Lachens heraus. Ansonsten brachten mich Gitarrist Tom Brooke und Schlagzeuger Steve Myles mal wieder dazu, über die großen Vorteile der Zweimannbesetzung nachzudenken: Vielleicht ist das Duo ja wirklich die perfekte Kombination, um abseits der ausgetretenen (Rock-) Musik-Pfade ein wenig Entdeckungsarbeit zu leisten? Zwei ausgeprägte Charaktere kriegt man ja immer noch unter einen Hut – und wer erwähntes Spazieren auf unebenen Terrain in Angriff nimmt, bringt ja in aller Regel den ein oder anderen Individualismus mit. Ich für meinen Teil habe jedenfalls Khuda in meinem Lieblingsfach zwischen Beehoover, Dÿse oder Schnaak einsortiert und dies allein wegen des hochgradig beeindruckenden Live-Erlebnisses: Schon allein die enorme Offenheit, mit der Khuda zwischen Hippie-Attitudes (nicht ohne Grund brannten die Duftstäbchen am Effektgeräte-Pool von Tom Brooke), Post-Rock-Groove, progressiver Psychedelic-Abgedrehtheit und krachiger Noise-Rock-Explosivität irrlichterten, war da ziemlich überzeugend. Nimmt man noch eine herzliche Spielfreude (auch so ein Ding, das irgendwie alle Duos auszuzeichnen scheint) hinzu und den bereits erwähnten Humor, kommt etwas heraus, das man nicht so schnell vergisst. Btw.: Die Band gerade ganz aktuell die Platte „Palingenesia“ auf Field Records veröffentlicht – nur ich Dummerle war freilich doof genug zu vergessen, mir am Freitag ein Exemplar zu kaufen. Sollte ich nachholen.

Omega Massif

Der geschätzte Bekannte war natürlich Omega Massif. Jene Band, der man ja ohne Zweifel nachsagen kann, ziemlich konsequent das unbedingt Naheliegende zu tun – und die damit aus meiner Sicht im beinharten Doom-Kontext beinahe schon so etwas wie Pop sind. Ein Gedanke, der mir bei dem Auftritt nicht mehr aus dem Sinn wollte. Ein Auftritt übrigens, der – oh ja – verdammt eindringlich, verdammt gut, verdammt großartig war. Hatte ich irgendwo schon einmal erwähnt, was für eine verdammt tighte, eingespielte Band Omega Massif eigentlich sind? Die schaffen es tatsächlich, diesem erdigen Doom-Ding (und wie schon gesagt: die sind mit irrer Konsequenz doomig) einen derart funktionierenden Groove zu verpassen, der mir tatsächlich ein kehlig gehauchtes, zutiefst ehrliches „Oh, sexy!“ entlockte. Und wie sexy dies ist – dieses Schwelgen in finstersten, kellertief geschürften Riffs und passgenauen Rhythmen, bei dem man einfach mit der Rübe bangen MUSS! Weil es nicht anders geht, verdammt noch eins. In einer gerechten Welt würde man dies als ein hehres Beispiel für wahre Rockmusik gar im Radio spielen – die Melodiosität dafür haben die nämlich allemal. Naja, auf jeden Fall bin ich jetzt so richtig gespannt darauf, was auf „Geisterstadt“ folgen kann.

Bad Luck Ride On Wheels

Terzij de Horde

Was gab‘s sonst noch? Bad Luck Ride On Wheels zum Beispiel, deren Doom-Biker-Rock ich eigentlich gar nicht so übel fand, die aber irgendwie mit vielen Dingen zu kämpfen hatten – mit technischen Problemen, dem Sound und ein bißchen auch mit sich selbst. Ein schöner Tipp für all jene, die‘s im Oberstübchen mal so richtig rummsen lassen wollen, sind hingegen Terzij de Horde: Black Metal galore mit eindeutiger Hardcore-Attitude. Das lasse ich mir gerne gefallen. Bei Heirs – ich geb‘s zu – musste ich leider passen; wie es eben so ist im zunehmenden Alter. Getanzt wurde sogar auch – zu abstrakten HipHop-Beats, dubbigen Bassflächen und nicht immer massenkompatiblen Sounds. Wie schon gesagt: Das war gut. Richtig gut. Mehr davon. Am 20. Dezember mit Rotor, Rorcal, An Emerald City, Suma und Blackwaves im UT Connewitz.

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