Alles gut macht der Mai

Text: | Ressort: Musik, Radio, Veranstaltungen | 11. Mai 2011

Zumindest wenn wir die ganze Sache aus unserer Leipziger Perspektive betrachten – an den kommenden beiden Wochenenden dürfte sich die Antwort auf die Frage, was wohl am Abend zu tun sei, ratzfatz von selbst ergeben. Via Radio Blau haben wir deshalb schon mal vorgefühlt, was da zum einen mit La Familia Y Amigos (14. und 15. Mai) und andererseits mit der Pop Up X (20. und 21. Mai) so geht. Alle Infos und die Playlist der Sendung:

Marcel Schulz – einer der beiden Köpfe hinter dem Label Altin Village & Mine – hat auf derart grundsympathische Art und Weise den eigenen Antrieb hinter der nunmehr vierten Auflage von La Familia Y Amigos auf den Punkt gebracht, dass ich ihn am liebsten herzen möchte: „Man kann doch nicht alle Jahre wieder das gleiche Ding auf die Bühne bringen, das würde mir überhaupt nichts geben.“ Womit wir eigentlich schon dabei sind, warum aus diesem schnuckligen, kleinen Festival, das mal in Dresden als klassische Eigendarstellung eines unabhängigen Labels begonnen hatte, auf einmal sooo eine Hausnummer wurde. Eine Hausnummer, die mir speziell bei der aktuell anstehenden Auflage einen kleinen Seufzer der Verzückung entlockte. Was für‘s Line-Up! Besser hätte ich mir dies auch nicht ausdenken können! Ich weiß noch, wie ich leicht bedröppelt vor dem Plakat im UT Connewitz stand und mauloffen staunte – was, Kreidler mit dieser wunderbaren Platte im Gepäck. Und Chaz Bundick aka Toro Y Moi auch noch. Siehe da, Troy Mighty aka Dead Western ist mal wieder in der Stadt und die aktuell schier unfassbaren Skeletons auch. Was für ein Händchen, was für Fügungen, die da an zwei Tagen viele, viele, viele von den Dingen zusammenbringen, die in den letzten Wochen für atemlose Begeisterung sorgten. Ja, das sage ich bewusst mit den Fügungen, weil uns Marcel Schulz offen und unbeschönt von all jenen Problemen, Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten berichtete, die beim Booking einer derartigen Veranstaltung gewöhnlich auftreten. Von den Begehrlichkeiten, die allein nur das Wort „Festival“ zu wecken in der Lage ist. Aber auch davon, dass es in erster Linie dieses Ding namens Idealismus ist, was einen am Ende des Tages antreibt. Dinge auf die Bühne bringen, die einen auch selbst brennend interessieren. Vielfalt, Alter. „Ja, um genau diese Vielfalt geht es ja. Es soll sich auch die eigene Entwicklung in diesem Festival wiederspiegeln. Inzwischen interessiere ich mich eben auch für viel mehr verschiedene Musik als noch vor zehn Jahren, als Altin Village & Mine mal als klassisches Post-Punk-Label angefangen haben.“ Yeah, darauf weisen wir auch nur zu gerne noch hin: Das Label wird in der Tat zehn Jahre alt. Glückwunsch. Und noch mal Dankeschön für den Idealismus, der einen dann eben dazu bringt, sich den Stress einer Festival-Organisation zu geben. Und nach wie vor Vinyl (und zwar ausschließlich Vinyl) zu produzieren – „weil zu einer Platte eben auch das Artwork gehört und zwar im Format 31,5 mal 31,5 Zentimeter“.

PS: Ach ja, die ewige Monochrome-Story bzw. die kapitelreiche Story der Konzertabsagen – die wird leider, leider, leider fortgeschrieben. Nein, sie spielen nicht am Freitag. Wegen der fehlenden Sängerin. Mist, Mist, Mist. Aber was soll‘s. Gehen wir trotzdem hin.

La Familia Y Amigos: 14. und 15. Mai im Conne Island in Leipzig (am Freitag mit O‘Death, Times New Viking, Dead Western und Les Trucs; am Samstag mit Toro Y Moi, Kreidler, Skeletons, Thank You und Tannhäuser Sterben & das Tod), Start jeweils 20 Uhr (Achtung: samstags soll‘s ab 19 Uhr ne Überraschung geben), Infos unter www.la-familia-festival.de bzw. unter www.altinvillage.de www.la-familia-festival.de

Line Up:

Freitag: 20 Uhr O’ Death (USA, New York / City Slang) Times New Vikings (USA, Columbus / Wichita) Dead Western (USA, Sacramento / Altin Village & Mine) Les Trucs

Samstag: 20 Uhr Toro Y Moi (USA, Columbia / Carpark) Kreidler (GER, Berlin & Düsseldorf / Italic) Skeletons (USA, New York / Tomlab) Thank You (USA, Baltimore / Thrill Jockey) Tannhäuser Sterben & das Tod (GER, Berlin / Altin Village & Mine)

Aftershowparty: Pttrns DJ Team (Ger, Köln / Altin Village & Mine) Polo (Ger, Leipzig / Schachmatt)

Playlist der Radiosendung vom 6.5.2011, 21-22Uhr

  1. Thank You – Birth Reunion (von „Golden Worry“/Thrill Jockey)
  2. O‘Death – Ghost Head (von „Outside“/ City Slang)
  3. Dead Western – The Farthest Sea (von „Suckle At The Supple Teats Of Time“/ Discorporate Rec.)
  4. Times New Viking – No Room To Live (von „Dancer Equired“/ Cooperative)
  5. Skeletons – „Barack Obama Blues“ (von „People“/ Crammed Discs)
  6. Toro Y Moi – You Hid (von „Causers Of This“/ Carpark Rec.)
  7. Tannhäuser Sterben & das Tod – Endfilm (von „Eigengift“/ Altin Village & Mine)
  8. Kreidler – New Earth (von „Tank“/ Bureau B)

„Wir bauen keine neue Stadt“ – diese Nachricht überraschte dann doch im April. „Wir haben lange durchgehalten, wir wollten sie nicht aufgeben, weil Pop Up sich immer auch als „Messe“ begriffen hat – indes, es ist nicht zu machen. Die Zeiten haben sich geändert, wir nehmen das erstmal einfach so hin, schlucken kurz und machen weiter“, so heißt es auf der Homepage. Die Bestätigung ließ auch beim Radio-Special nicht lange auf sich warten: Das Konzept „Messe“ funktioniert einfach nicht mehr. Das Prinzip „Marktplatz“ ist out, die Zeiten, in denen man sich die Taschen geradezu vollstopfte mit jenem Stoff, der auf eben jenem Marktplatz so wohlfeil und verfügbar angeboten wurde. „Es gibt einfach kein Interesse mehr an einer Messe – weder von den Ausstellern noch von den Besuchern“, erklärt Rebecca Schweier vom Pop Up-Team. Also keine Messe. Dafür aber noch das ganze andere Drumherum, die Panels, die Inhalte. Und gerade die Panels machen mir Spaß, wenn ich mir die Themen und die Optionen einer Diskussion anschaue: Diese Auseinandersetzungen zwischen New und Old School, zwischen „Klick mich, ich bin ein neues Album“ (ein Thema mit dem Untertitel Neue Herausforderungen für Musikvertrieb und -vermarktung, das geradezu nach dieser Auseinandersetzung schreit – ich verweise da nur mal auf obiges Altin Village & Mine-Modell des Vinyl-Traditionalismus, das allerdings via beilegten Download-Codes durchaus in der Neuzeit angekommen ist) und „Hyperschrei und Drei-Faltentum“, ein Panel, das sich mit dem mir durchaus auch ans Herz gewachsenen Thema Altwerden im Pop beschäftigt (oder meinetwegen mit dem Euphemismus Erwachsenwerden in und mit Popkultur). Oder die Diskussion darüber, inwieweit das Laptop zum entscheidenden Produktionsmittel von Popmusik wird – die sich möglicherweise beim Thema „Schalt mich ein und schalt mich aus, die Gefühle müssen raus!“ ergeben könnte. Und ach ja, die Konzerte. Mit ein paar ganz feinen Namen wie MIT, Crystal Fighters, 206 und Ira Atari. Und mit jeder Menge Kram zum Entdecken, eine Tatsache, die mich selbst ziemlich überrascht hat. Warum ist der Border Community-Act Luke Abbott so an mir vorbeigegangen? Und warum hörte ich bis dato noch nie etwas von Roma Litvinov aka Mujuice? Klein, aber eigentlich ziemlich fein: Was nach einem abgedroschenen Klischee klingt, fand ich bei der Recherche auf erwähnt überraschende Art und Weise bestätigt. Und immerhin ist ja ein bißchen Club-Hopping zwischen Halle D (im Werk 2), Ilses Erika und am Samstag UT Connewitz durchaus drin. Pop Up X: 20. und 21. Mai zwischen Werk 2, Ilses Erika und UT Connewitz in Leipzig (Panels freitags 19 Uhr und samstags 17.30 und 19 Uhr im Werk 2, Konzerte freitags im Werk 2 und Ilses Erika; samstag in allen drei Clubs, Filme an beiden Tagen ab 19 Uhr in der Kinobar Prager Frühling), Infos unter www.leipzig-popup.de

Playlist der Radiosendung vom 6.5.2011, 22-23 Uhr

  1. Mujuice – Mertviy Malchik (von „CoolCoolDeath“/ Pro-tez Rec.)
  2. Chinawoman – Keep In Mind (von „Show Me The Face“/ Eigenproduktion)
  3. A Forest – A Stereotype (von „Leaves Leaves Fall Fall Rain Fall“/ Analogsoul)
  4. MIT – Odenwald (von „Nanonotes“/ V2)
  5. Retro Stefson – Kimba (von „Kimbabwe“/ Kimi Rec.)
  6. Crystal Fighters – At Home (von „Star Of Love“/ Zirkulo)
  7. Pariah – Detroit Falls (von „Detroit Falls/Orpheus“/ R&S Rec.)

Fotos: Klaus Nauber

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