Die PnG-Kinowoche
Text: Lars | Ressort: Film | 8. April 2012Iron Sky
F/D/AUS 2012 / R: Timo Vuorensola / D: Julia Dietze, Götz Otto
Wussten sie, dass die Nazis 1945 auf die dunkle Seite des Monds flohen, um dort die Welteroberung zu planen?
Hier haben die Deutschen systematisch an ihrer glorreichen Rückkehr gefeilt und eine riesige Raumstation in Hakenkreuzform errichtet. In der Schule wird dem Nachwuchs das braune Gedankengut verabreicht und zur Motivation erklingt mehrmals täglich die Hymne des Mondführers (Udo Kier).
Auf der Erde versucht derweil die Präsidentin von Amerika ihre Wiederwahl zu retten und schickt nichts ahnend den Schwarzen James Washington (Chrostopher Kirby) auf den Mond. Der ist zwar Model und hat von der Raumfahrt keinen blassen Schimmer, aber nachdem die erste Überraschung gewichen ist, gelingt es ihm, sich in die Reihen der Faschisten einzuschleusen. Bei der internationalen Politik sitzt erwartungsgemäß der Schock tief, als plötzlich eine Armada von High-Tech-Zeppelinen am Himmel auftaucht.
So irrsinnig wie die Grundidee des finnischen „Star Wreck“-Machers Timo Vuorensola ist auch die Geschichte des Projekts „Iron Sky“, das einen Teil der Finanzierung mittels Crowdfunding bewerkstelligte. Das Resultat ist visuell beeindruckend, irrwitzig, politisch höchst unkorrekt und schlicht ein riesengroßer Spaß.
The Lady
F/GB / R: Luc Besson / D: Michelle Yeoh, David Thewlis, Jonathan Ragget etc.
Verantwortungsvoll
Es könnte fast ein PR-Stunt sein: pünktlich zum großen Wahlerfolg der Partei von Burmas Präsidentin des Volks kommt Luc Bessons Biopic in die Kinos.
Es war ihr ein persönliches Anliegen, die Geschichte von Aung San Suu Kyi zu erzählen und jahrelang suchte Michelle Yeoh („Crouching Tiger, Hidden Dragon“) nach einem Regisseur für ihr Projekt. Nun hat sich ausgerechnet Luc Besson, dessen letzter Film jenseits des reinen Unterhaltungsfaktors sieben Jahre zurückliegt, mit dem tragischen Schicksal des burmesischen gewählten Staatsoberhaupts und Friedensnobelpreisträgerin auseinandergesetzt. Trotz einiger Kitschmomente gelingt ihm eine spannende und bewegende Nacherzählung der Ereignisse und Hintergründe, die sie aus dem Londoner Exil zurück in ihr Land führten, obwohl ihr dort die Inhaftierung drohte. Michelle Yeoh spielt mit Leidenschaft und Besson hüllt das Ganze in sinnliche Bilder.
Spieglein Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen
Erfrischend
Schneewittchen einmal anders: Bildmagier Tarsem Singh („The Fall“) erzählt das klassische Märchen der Gebrüder Grimm auf erfrischen andere Weise.
In Grundzügen bleibt seine Interpretation dem Original treu: eine eitle Königin (Julia Roberts) unterdrückt das Volk und regiert das Land mit grausamer Härte. Auch ihre Stieftochter Schneewittchen (Lily Collins) hat darunter zu leiden und darf selbst an ihrem 18. Geburtstag die Mauern des Schlosses nicht verlassen.
Als sie es dennoch tut, begegnet sie dem charmanten Prinzen Andrew (Armie Hammer), der auf Brautschau durchs Land reist und dabei eine unangenehme Begegnung mit sieben räuberischen Zwergen machen musste. Spätestens als sich Prinz und Prinzessin beim Hofball wieder begegnen, ist es um beide geschehen. Dumm nur, dass sein Platz an der Seite der heiratswilligen Königin sein soll.
Mit viel Witz und Phantasie unterziehen Tarsem und die Autoren Melissa Wallack und Jason Keller die bekannte Mär einer angenehmen Frischzellenkur, ohne den Geist der Vorlage zu verraten. Dabei begeistert Tarsems Variante, wie zu erwarten, besonders durch die farbenprächtigen Kostüme und Sets. Die visuell einfalls- und temporeiche Inszenierung und das Ensemble, das mit viel Verve bei der Sache ist, dürften Kinder ebenso begeistern wie ihre Eltern.
USA 2012 / R: Tarsem Singh / D: Julia Roberts, Lily Collins, Armie Hammer etc.
Hinter der Tür
HU/D / R: István Szabó / D: Helen Mirren, Martina Gedeck, Károly Eperjes etc.
Wir müssen draußen bleiben
Der bekannteste Regisseur Ungarns verfilmt einen Roman der bekanntesten Autorin seines Landes – und dann teilen die beiden sich auch noch einen Nachnamen.
István Szabó ist allerdings nicht mit Magda Szabó verwandt, das sei hier gleich vorweg geklärt. Die Geschichte der Magda Szabó ist autobiographisch geprägt und erzählt von dem außergewöhnlichen Verhältnis einer Schriftstellerin zu ihrer Haushälterin. Die störrische Emerenc, der Helen Mirren wunderbar Leben einhaucht, lässt niemanden an sich heran und über die Schwelle ihrer Tür. Einzig Magda, verkörpert von Martina Gedeck, findet Zugang zu ihr. Das ist im Film etwas ungelenk erzählt und visuell eher Fernsehniveau. Die beiden Darstellerinnen lohnen aber unterm Strich den Kinogang.