Lass krachen
Text: Jensor | Ressort: Allgemein, Musik, Veranstaltungen | 10. Mai 2012OvO
Gut, das Prinzip Lärm muss man schon mögen. Tut man dies, ist „Claws Of Saurtopia“ ein Fest – untertrieben gesagt. Irrwitz im Quadrat. Der Clash schier unvorstellbarer musikalischer Ideen. Laut, seltsam, weird, durchgeknallt. Unbedingt wunderschön. Und ein felsenfester Garant dafür, dass man auf Bands stößt, von denen man vorher noch nie auch nur ein Sterbenswörtchen gehört hat. Gut, dieses Jahr ist es schon ein wenig anders – wobei ich mich irre gefreut habe, gleich drei bekannte Namen auf dem Line Up 2012 entdecken zu können. Und dann auch noch drei, die mich sanft mit der Zunge schnalzen ließen. OvO, Leute, OvO sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Deren „Cor Cordium“ – im letzten Jahr via Supernatural Cat kredenzt (was mich auf den Gedanken bringt, UNBEDINGT an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch Ufomammut ein neues, markerschütterndes Werk namens „Oro: Opus Primum“ veröffentlich haben) – ist so ein garstig Ding, an dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Wenn ich da von anstrengender Musik, von fordernder Musik rede, dann meine ich ANSTRENGEND und FORDERND! Mein persönlicher Fave: „Marie“, dieser vollkommen aus dem Ruder laufende Versuch einer emotional aufgeladenen, ähem, Ballade. All roads leads to chaos. Natürlich nicht ohne dass man sich vorher ordentlich in Metal gewälzt hat, in verbrutzelter Avantgarde, in verjazzter Kakophonie. Gib ihm! Gib ihm! Ja, das kann ich mir nur zu lebhaft vorstellen, dass Stefania Perdetta und Bruno Dorella schon eine Menge Spaß hatten bei Kollaborationen und Konzerten mit Typen wie Thurston Moore, Nadja, Jim O’Rourke, Zeni Geva, Lightning Bolt oder Thrones hatten. Und ob die Herren O’Rourke und Moore da rein passen! Hier geht’s um die Attitude, Leute. Und da haben wir überhaupt noch nicht davon gesprochen, dass OvO-Konzerte dank Maskerade und Utensilienhantiererei gemeinhin einen durchaus legendären Ruf genießen. Werde ich unbedingt ausprobieren.
Trouble vs. Glue
Ans Herz gewachsen sind uns hier im PNG-Universum außerdem Mrs. Glue und Toni Trouble aka Trouble vs. Glue – und dies nicht nur, weil die römische Band den Charme hatte, ihre Platte auf dem kleinen, aber enorm feinen Labe Urquinaona Records (ich sage nur Arabrot!) „Zum Teufel“ zu nennen. Vielmehr macht sie deutlich, dass es bei „Claws Of Saurtopia“ nicht nur darum geht, dass einem mit einem ordentlichen Gitarrenfeedback anständig was auf die Zwölf gedonnert wird. Nene, gestandene Noiser wissen, dass man auch elektronischem Equipment Misstönigkeit beibringen kann. Wobei ich gerne darauf verweise, dass sich diese Misstönigkeit und ein gewisser Pop-Appeal nicht ausschließen müssen. „Cheesy Clubbing“ könnte sich das Ganze dann nennen, ein schier unfassbar verquerer Entwurf eines, ähem, Synthie-Pop-Songs, der zu allem Überfluss auch noch ganz genau weiß, wo der Barthel den Dancefloor-Most holt. Zweites Highlight, auf das ich mich wie Bolle freue. Ach ja – ein weiteres Stück von „Zum Teufel“ nennt sich „Grrrind!“. Jeder darf gerne mal raten, wie es klingt. Kleiner Hinweis: Es ist schlanke 33 Sekunden lang.
Was Peter James Taylor auf die Bühne zu bringen gedenkt, kenne ich als Konzept zumindest halbwegs von diversen anderen Irrlichtern im Grenzbereich der musikalischen Schaffens. Von Markus Lipka beispielsweise, dem Gitarristen der zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Metal-Band Eisenvater, der im Jahre 1997 mit dem Rossburger Report eine Gitarrenorchester-Platte schuf, die ich heute noch richtig, richtig gerne hervorkrame. Weil dass Prinzip der erbarmungslosen, weil konsequenten und stetigen Spannungssteigerung hier in einer Art und Weise praktiziert wird, die ich seither nur noch selten gehört habe. Oder von Craig Clouse, unserem Lieblings-Noiser, der via Shit & Shine das orchestrale (Live-) Erlebnis mit einer theoretisch ins unendlich steigerbaren Zahl an Schlagzeugern an die Grenze der vollkommenen Strukturauflösung durch Übersteigerung von Struktur zelebrierte. Herr Taylor – mir bis dato vor allem als Mitstreiter der herrlichen, weil faszinierend unbekümmerten Krachschläger Action Beat ein Begriff – will dieses Ding nun via The Local Noise Orchestra erneut praktizieren. Mit allen Musikern, die greifbar sind (vorzugsweise Gitarristen, habe ich mir sagen lassen – gut möglich, dass das Ganze dann eventuell Guitar Big Band oder Guitar Orchestra heißt. Schaun mer mal). Was dabei rauskommen könnte? 42 Minutes of disgusting octave tuned guitar madness. Sagt der Gute selbst zu seiner Veröffentlichung „Mate“. Wie’s klingt? Flirrend. Echt. Flirrend zwischen dem Gitarrensingen von Sonic Youth und der Eindringlichkeit eines Rossburger Report. ICH für meinen Teil bin da echt gespannt.
Ansonsten gilt: Überraschen lassen. Von Bands wie Interstellar Nightmare oder Meurtre, Monsters Vs. Aliens oder The Kurws. Ich verspreche, du wirst deinen Spaß haben. Wenn du etwas mit Lärm anfangen kannst. Hehehe.
Alle Infos zum Line Up: clawsofsaurtopia.tumblr.com