Reptile Youth – same
Text: Jensor | Ressort: Allgemein, Musik | 16. Oktober 2012Die Killer-isierung von Popmusik schreitet munter voran. Die gezielte Umwidmung von klassischem popkulturellen Trash in generell mit Akzeptanz goutierten Style. Umgekehrte Trivialisierung gewissermaßen. Aktuelles Beispiel: Reptile Youth, zwei Dänen, die gemeinhin als symphatisch und unfrisiert dargestellt werden. Und die justament ihr Debüt via hfn music veröffentlichen. Nun klingt es ein bißchen fies (vielleicht sogar ein bißchen sehr fies), wenn ich da dieses Unwort „Killer-isierung“ in die Umlaufbahn bringe, aber ich musste sofort daran denken, schon bei den ersten Takten vom Opener „Black Swan Born White“. Mannometer, die wollen es aber ganz genau wissen. Ohne Umschweife, ohne falsche Scheu und ohne einen Funken Angst. Der direkte Weg in den Gehörgang. Hits, Hits, Hits – ohne Rücksicht auf Risiken, Nebenwirkungen und Assoziationen, bei denen zumindest ich auf der Stelle denke: „Oh je, dies geht jetzt aber gar nicht“. WhoMadeWho ohne Widerborsten und mit nahezu kindlicher Freude am Pop-Trash sozusagen. Und dieses Namedropping bringe ich nicht ohne Grund, denn an Sound und Songstruktur (man höre nur mal auf die allgemeine Funkiness und diesen verdammt typischen Bass, den sich die dänische Posse so langsam via Patent sichern lassen sollte) lässt sich nur zu eindeutig eine gewisse, ähem, Nähe zu erwähnter Formation erschließen. Finde ich. Nur eben in glatt, in eingängig, in gnadenlos Pop, in Trash. Electropop im Stadionformat. Das Wort Rock mag ich da garnicht in den Mund nehmen – mir persönlich mag man ja vielleicht auch einmal erklären, wo sich in dieser Gemengelage bitte schön der Dreck und vor allem die große Menge Noise befinden sollen, die andere Leute bei Reptile Youth zu hören in der Lage sind. Naja, ich hab‘s halt auch noch nie live gesehen.
Auf Platte offenbart sich dagegen gerne mal eine Nähe zum Schlager. Da schunkeln wir uns durch den Refrain „I’m a black hole eating optimism/I’m a black swan born white/I’m a depression still under construction/But you can make it all, yeah you can make it all/Right tonight“ und schmunzeln zumindest munter über die völlige Diskrepanz von Form und Inhalt. Ja, einen gewissen Grad an Unterhaltsamkeit hat das schon, wenn man sich soweit locker machen kann, dass man auch dieses Synthie-Gehoppel verträgt, mit dem uns schon, hm, sagen wir mal Matthew Wilder – yep, der mit „Break My Stride“ – ähem, unterhalten hat. Klingt schrecklich? Oh Mann, da könnte ich munter weitermachen und auch den ollen Limahl mit seiner „Neverending Story“ aus der Mottenkiste zaubern. Na, die Gesangslinie vorm inneren Ohr? Dann bitte mal nachhören, wo sich das modern aufgehübschte, natürlich wesentlich jüngere Geschwisterkind auf „Reptile Youth“ findet. Nun könnte man Esben Valløe und Mads Damsgaard Kristiansen natürlich Perfidität, gar Abgefeimtheit vorwerfen. Aber wie es eben so ist mit dem Thema Killer-isierung – dieser Vorwurf geht komplett am Punkt vorbei. Reptile Youth wollen das genau so. Und geben dem Phänomen dabei noch eine neue Dimension: Die meinen das ernst auf eine ausgesprochen unernste Art und Weise. Die Beiden würden sich wahrscheinlich totkichern, wenn man sie mit dem Vorwurf Limahl konfrontieren würde. Hihihi, ist doch lustig. Und wenn alle auch noch drauf abfahren, macht die ganze Chose erst so richtig Spaß. Nenene, mit mir nicht! Würde ich da gerne rufen. Wenn es mir nicht tatsächlich irgendwie Spaß machen würde, diesen Cocktail des Wohlbekannten zu schlürfen. Das Schunkeln im elektrifizierten DFA-Rhythmus. Yo, Leute, das ist ja gar nicht so lange her (nur mal so als Hinweis für all jene, die sich bei Reptile Youth gar nicht mehr einkriegen vor lauter Innovation). „Be my, my Yoko Ono! For you I break up my band!“ Höhöhöhö. Ehrlich, was anderes kommt mir da nicht in den Sinn. Aber wie es nun mal so ist im Leben – einen guten Lacher, einen feinen Unterhaltungseffekt sollte man niemals verachten. The great Electro-Pop-Swindle. Sozusagen. (hfn music)