Melt! 2013

Text: | Ressort: Diary, Veranstaltungen | 20. August 2013

25.000 Tänzer und Zuhörer können nicht irren: auch der 2013er Jahrgang des Melt!-Festivals in Ferropolis war ein Ereignis der Extraklasse. Auch wenn manchen einen Megaheadliner einen vermissten, wurden alle anderen doch vortrefflich unterhalten. Und mit Thom York von Radiohead und Flea von den Red Hot Chilli Peppers standen bei Atoms For Peace schließlich gleich zwei Stadionrocker auf der Hauptbühne, die diesmal nicht mehr lustigerweise nach den festivaluntauglichen Turnschuhen benannt war. Wohingegen die kleinere Bühne immer noch den lateinischen Namen Zwilling, wie auch das Sternbild, oder dem zweiten bemannten Raumfahrtprogramm der Amerikaner heißt. Und das im tiefsten Osten. Na wenigstens waren die Kosmonauten mit K am Start, doch dazu später mehr. Ja, das Wetter war auch schön, kein Regentropfen, Sonnenschein und ein paar schattenspendende Wölkchen bei sommerlichen Temperaturen, die die Badelaune anheizten.

Apropos, den undankbaren Job der Vorwärmer traf diesmal die vielversprechende Band Daughter, die ein paar unentwegte Checker dennoch beglückten. Ja, immer dasselbe nachmittag, Sonne, Stimmungsdefizit, besser abends oder im dunklen Zelt, das übrigens diesmal nicht wie ein alkohlfreies Getränk, sondern wie eine kostenlose Zeitschrift hieß. Insgesamt gab es acht Lokationen, an denen aufgetreten oder Tonträger abgespielt wurden.

London Grammar machten den Auftakt im Geminizelt: jung, schwungvoll, zum mitwippen.

So sah die Hauptbühne diemal aus, irgendwie nicht so richtig adequat zur Umgebung gestaltet finde ich. (Wenn ich da weiterhelfen soll, bitte einfach ein Post hinterlassen.)

Die Mancunians The 1975 sind grad so ne Hypetruppe aus dem englischen Königreich. Frech, forsch, für die Watchlist.

Austra Sängerin Katie Stelmanis mit verschmiertem Lippenstift, wunderbar theatralischem Auftritt, aber leider auch den etwas flauen Songs des neuen Albums. Aber schon ganz okay.

Blue Hawaii aus Montreal bezauberten als nächstes.

Shields überraschten mit schönen Melodien und packendem Groove.

Zebra Katz mag es da eher unzweideutig, laut und vulgär, was einer Show ja niemals abträglich ist.

Kontrastprogramm und eigentlich schon ein Headliner der Herzen: James Blake.

Dann wieder frisches Blut mit Ms Mr und

Friends, wobei sich beide für die Beobachtungliste qualifizierten.

Nebenher ein kleines Flammenwerferschauspiel

Purity Ring geistern ja schon seit letztem Jahr durch alle Blogs und seit dem Erscheinen des Debüts „Shrines“ war die Erwartungshaltung auch gehörig groß und wurde mit dem zauberhaften Auftritt auch nicht enttäuscht. Was ein wenig Fantasie und eine Handvoll Glühbirnen aus einer einfachen Duoshow doch machen können.

Alt-J indierockten die große Bühne derweil und natürlich fehlte auch der Hit „Breezebocks“ nicht.

King Krule ist sowas wie der Hot Shit von morgen, eben noch Geheimtipp und einen Monat später Titelgeschichte der meinungführenden Postille.

Iamamiwhoami waren nicht nur bei der Namensgebung kreativ, sondern gaben der Bühne mit ein paar Trppenstufen und einem Leuchtwürfel zusätzliche Tiefe. Guter Auftritt, auch wenn niemand den Namen aussprechen oder sich merken kann.

The Knife oder viel mehr die Kaspergruppe derselben, von den Dreijer-Anderson Geschwistern keine Spur.

Kosmonauten mit K, da brauchte man nun wirklich nicht viel Fantasie, wer da wohl auftretzen würde. Dennoch eine Supershow und begeistertes Publikum. Quasi das Gegenteil vom Avatarmummenschanz auf der Mainstage zur selben Zeit.

Herr Trentemøller, nicht nur als DJ, sondern mit Band als Headliner. Beeindruckend, wenn auch etwas steril. Schöne Bässe.

Diamond Version, das Projekt von Olaf Bender (Byetone, AG Geige) und Carsten Nikolai (Alva Noto), deren EP-Quintett und die dazugehörige CD-
Sammlung gerade bei Mute Records erschienen sind.

Radeln für musikalische Unterhaltung auf der Elektrofahrradbühne auf dem Campingplatz.

Zum Auftakt die Band Claire, eine der Nachwuchshoffnungen der deutschen Industrie, mit netter mitreißender Frontfrau, die dann auch den Rest des Festivals vor Ort genoß.

Karocel

„I like your shirt.“ lobt Otto von Schirach den Herrn mit dem Einhornaufdruck in der ersten Reihe.

Swim Deep

Lingby: ganz anständige Indiemucke

Zappelige Fusionsmucke bei Roosevelt

Ry X Frank Wiedemann present The Wowling, wohinter sich besagter Frank, besser bekannt vom Deephouse-Duos Âme, und Ry Cuming, ein Lagerfeuerklampfer aus den Staaten, verbergen, zählten ebenfalls zu den Überraschungen. Handgemachtes und elektronisches eng verzahnt und verbunden. Nicht nur ergänzt oder addiert. Sehr groß!

Disclosure zu Recht nur auf der zweitgrößten Bühne. Viel Hype um wenig Substanz.

Leider ließ Tricky, wie auf auch seiner aktuellen Platte, lieber singen, als es selbst zu tun, dennoch ein starker Auftritt des charismatischen Masterninds.

Woodkid spaltete etwas die Gemüter. Die einen waren hin und weg, ob der bombastischen Show mit Visuals, Licht und Massen auf der Bühne, andere vermeinten erkannt zu haben, dass nicht alles live generiert wurde. Seis drum, bei einem Festival wo bei den meisten Acts ein Laptop zur selbstverständlichen Ausstattung gehört.

Bunter Musikreigen mit wechselnden Frontfrauen bei Rudimental.

Die Babyshambles traten nur wenig angeschlagen an und rumpelten ihren Gig ganz anständig runter. Geht sicher noch etwas besser, aber schließlich waren wir alle froh, dass sie es trotz vieler Gefahren und Ablenkungen bis hierher geschaffte haben.

Django Django setzten alles auf Default. (was ein Brüller, sorry ging nicht anders…)

Wem bei Purity Ring nicht schon das Herz aufging, der hatte bei Chvrches nochmal die Gelegenheit. Am 23. September soll ja nun endlich das Debütalbum „The Bones Of What You Believe“ erscheinen, auf das uns dieser Auftritt und die EPs schon so neugierig gemacht haben. Grandios!!!

Den Preis für das aufsehenserregente Outfit ging zweifelsohne an Azealia Banks und ihren Tapeeinsatz.

Tagesabschluss für uns mit Miss Kittin, Katzenkostüm und unterkühlter Electromugge. Weiter ging es ohne uns, der Tag auf den Beinen verlangte seinen Tribut.

Am nächsten Tag lockte der See zum Badespass.

Immer noch oder schon wieder Tanzvergnügen auf dem Sleepless Floor. Endlich mal ein Bühnenname der Programm ist.

Das Musikerkollektiv Rhye bescherte uns das erste bestuhlte Konzert beim Melt! ever. Oder kann sich jemand an derartiges erinnern?

Keine Stuhlpolonaise und trotzdem weit entfernt von E-Kultur-Sitzkonzerten.

Gleich danach ließ Dan Deacon die Puppen bzw. das Publikum tanzen.

Arme hoch, Tanzkontest, Medizin nach Noten

Ghostpoet vertrat den zeitgenössichen HipHop.

Auf spezielle Empfehlung wurde die Owiny Sigoma Band verpflichtet. Selbstverständlich verbinden sie die traditionellen Klänge Kenias mit dem aktuellen Electrosound Londons. Weltmusik ohne erhobenen Zeigefinger, dafür groovy und tanzbar.

Zappeln zu bekannten DJs an der Big Wheel Stage.

Charli XCX rannte dem eigenen Elan etwas hinterher, war aber ein flotter Auftakt.

Die nordenglischen Ruen Brothers begeisterten mit oldschooligem Rock’n’Roll.

Während DIIV hinter ihrer Lumpensammlung etwas ins psychedelische abdrifteten.

Konfettiregen

Versteckspielchen mit Flying Lotus

Bck2Bck alias Mark Ronson & Riton-DJ-Set

Archive waren am Wochenende, die wohl am härtesten rockende Truppe. Schöne Abwechslung.

Schönes Publikum

Atoms For Peace Frontmann und Oberheulboje Thom York brachte dann doch etwas Andacht ins große Rund. Pathetisch und Raumgreifend die Songs des ersten Albums „Amok“ und des quasi Vorgängers „The Eraser“ seiner Soloplatte von 2006, bei deren Aufnahme sich die Atome fanden. Zu meiner Freude kam bei der Zugabe auch der wohl selten mit der Originalstimme gespielte Song „Rabbit In You Headlight“ von der ersten Unkle Platte, bei dem er damals nicht nur gesungen, sondern auch den Text verfasst hat. Am ehesten kennt man wohl das beklemmende Video dazu von Jonathan Glazer.

Flea, quecksilbrig am Bass und gleichzeitig in jeder Ecke der Bühne.

Hauptbühne mit verstellter Sicht durch die bescheuerte VIP-Loge und unnötig hohe Bierreklame

Indierock mit Young Rebel Set.

2Many DJs, leider nur als DJs und nicht als Soulwax, wie urspünglich mal angekündigt.

Ja da steppt der Bär.

Während parallel der Kehraus an der großen Bühne das nahende Ende ankündigt.

Als Letzter durte Owen Pallett das Bühnenprogramm im Zelt beschließen. Gute Wahl. Fein zisiliert und erhaben werden wir sanft entlassen.

Schluss im Zelt

Festivalgelände aus der Ferne über den See betrachtet

Die Überreste der Party am Morgen danach…

Es war also wieder einmal toll, abwechslungsreich und es gab jede Menge zu entdecken und auf der imaginären zu-sehen-Liste abzuhaken. Keine Frage: wir werden auch am 18.-20. Juli 2014 wieder mit dabei sein.

www.meltfestival.de

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