Mäuse – Das Judasevangelium
Text: Joerg | Ressort: Musik | 15. Dezember 2013What to do with mouse in the house? Und es geht doch … irgendwie weiter. Lass die Krösusse mal ihre Standards abliefern, die Reunion-Strategen mal ihre Schließfächer weiter heimlich nachts umschleichen, die Jungstars zur Beratung in die Mäusef… – Mäuse seid ihr fast alle, jämmerliche Grünhörner – aber, nichts ist besser als Mäuse.
Das Judasevangelium ist wieder aufgetaucht, die Lügen liegen blank auf dem Tisch. Punk-, Scheißrock, Schweine-Riffs und Hundekotze-Sounds erlangen ihre Deutungshoheit zurück über die Heiligsprechung der entspannten, erschlauten, vielleicht – aber vernachlässigbar – leicht ergrauten Eminenz echter Hard-Edge-Dauer-Punk-Songwriter … und so weiter.
Wo denn zuletzt? Bei Banque Allemande, natürlich. „Ihr seid zur Zeit die beste deutsche Band die ich kenne“, soll Max Müller 2006 gesagt haben. Viel hat sich daran meines Erachtens bis heute nicht geändert, sieht man von den Mäusen ab. Banque Allemandes grandiosen Track „Baumarkt Nation“, der auch schon unseren einzigen Byte.FM-Sampler aufwertete, kann man hier nachhören: https://www.youtube.com/watch?v=1z3YGwmAyt4
Zuletzt, das war 2008 – und Byte.FM hat inzwischen den Grimme-Preis. Wir aber haben immerhin (um mit Wolfgang Welt zu sprechen) „Recht behalten“. Zur Banque und ihrem neuen Album „Willst du Chinese sein musst du die ekligen Sachen essen“ in der nächsten Zeit mehr.
Dass Tex Rubinowitz und Gerhard Potuznik mit ihrem Angelika Köhlermann-Label auch schon mal ein Max Müller- Solo-Album herausgebracht haben, verwundert jetzt nicht mehr. Die Befruchtung war indes leider einseitig. Die Mäuse haben sich schadlos gehalten. Mutter ist am Ende nicht mehr allein mit nach allen Seiten offenen Epigonen wie Messer oder Nerven, sondern hat endlich Jünger, die nicht mehr Verzweifelt-Aufspielen SPIELEN, sondern sich im Ernst, im Hardcore-Leben auch mal flauschig-dezidiert-softpornographisch zurückgelehnt auskotzen: „Wir sind elastisch – lass die Schere“.
Pfui, das Ding hier geht ab wie einst Blumen am Arsch der Hölle – nur nicht derart überproduziert. „Können …, können wir hier mal Pause machen [ … ]“. Im Grunde müsste man die Band an die Hände nehmen und Hallelujah singen. Man kann sich aber auch einfach ein neues AC/DC-Album respektive ein neues Tocotronic-Album schön trinken und staatsfeindliche Flüche im Rhythmus der Mäuse-Mülleimerdeckelsnaredrum ausdenken. Wenn dabei nichts weiter als die Tracklist vom „Judasevangelium“ herauskommt, verwundert uns das nicht weiter.
„Nichts“, weiter: „Il Pullover“, ja und, nächster: „Der Hammer in der Hand des Idioten“, nicht verkehrt, aber zu offensiv: „Einer von Ihnen“ – Distelmeyer sagt „Treffer“ – „Adam und Barbora“, wirklich obskur; „Schreib es mir in den Sand“ – hmm …, müsste man hören wie einen Film von Kaurismäki – Mika – , weil spröde anti-existenziell. „Ich weine lieber im Taxi“, ja, das ist Neo-Neue-Welle. „Herbst auf Heroin“, mag ich lieber als „Herbst und Heroin“ von den erwähnten Blumen. „In der Schlichtheit“ – ironischer Ambient- oder zerfleischender Audiolith-Track? Ersteres, – okay. „Der Brummbär“ – oder ersatzweise „Dog Eat Dog“. „Sandpapier“ – jetzt kommt noch der Crazy Horse-Einfluß …, aber mit Rheingold-Keyboard. „Sie kommt“: Das soll der letzte Track sein. Schon zu Ende? Schade! Best of the top of the remarkable german Punk-Shit!
Vienna Wildstyle / Rough Trade, 2013
ältere Mäuse-Alben:
John Lennon beim Betreten einer Bar in New York, Gig Records, 1994
Teen Riot Günther Strackture, Morbid, 1996
Made in Japan, Morbid, 1997
Nichts ist besser als Mäuse – EP, Angelika Köhlermann, 2011 (enthält bereits einige der Judasevangelium-Tracks)