Eigentlich…
Text: Klaus | Ressort: Diary, Musik, Veranstaltungen | 25. Februar 2017Eigentlich ist es in unserer auf Wachstum angeblich so angewiesen Welt ein Unding. Die Weigerung sich zu vergrößern, trotz seit Jahren stets kurz nach Verkaufstart ausverkaufter Tickets. Oder auch die Qualität herunterzufahren. Ist ja ausverkauft, die Leute kommen ohnehin. Da könnte man auch auf Künstler aus der zweiten Reihe zurückgreifen. Doch irgendwie scheint das nicht die Denkstruktur im Halderner Hauptquartier zu sein. Im Gegenteil: der frühe Ausverkauft wird offenbar als Verpflichtung wahrgenommen, als Auftrag sich doch besonders ins Zeug zu legen.
Ja, richtig, das Familiendings bricht sich nicht nur in der Publikumszusammensetzung bahn, sondern auch im Booking. Klar taucht der eine oder andere Künstler vom eigenen Label auf, aber vor allem ist man in der Leitung und vor der Bühne auch Stammgästen sehr gewogen. So kann man über die Jahre Karrieren verfolgen un Entwicklungen wahrnehmen. Eigentlich auch ganz schön.
Auch da Gelände könnte wachsen. Auf den Feldern wäre Platz. Aber wäre es dann noch das Selbe? Ließe sich das Wochende mit 15.000 genauso entspannt genießen wie mit 6.500? Man könnte auch einen Hauptsponsor haben, der omnipräsent mit Aufstellern und in großen Buchstaben rechts, links und über der Bühne für sich werben dürfte. Kann man woanders auch verknusen, aber so richtig geil wärs irgendwie nicht. Klar gibt es Unterstützer und Werbekunden, aber es bewegt sich noch im akzeptablen Rahmen.
Man könnte auch eine zusätzliche große Bühne haben. Das Fassungsvermögen von rund 500 Personen des Spiegelzelts sorgt schließlich nicht selten für mittleren bis großen Frust. Mmmmh. Aber schick und stimmungsvoll ist es schon, hat man es erst einmal hinein geschafft. Stammgäste kommen bei dem Stichwort auch gern ins Schwärmen. Andere haben sich mit den Bedingungen abgefunden und geniessen die Zeltkonzerte davor im Biergarten per Liveübertragung auf der Leinwand.
Eigentlich könnte man auch gut auf den Regen verzichten, der auch in diesem Jahr die Leute vor der Hauptbühne stark auf die Probe stellte. Aber der festen Kutte, Gummistiefeln und dem leichten Plastefolienüberwurf sei Dank. Überlebt! Einmal mehr.
Eigentlich gab es im Rahmen normaler Festivals betrachtet gar keine Headliner. Wir mussten einmal mehr auf Metallica, Iron Maiden und Deichkind verzichten. Komischer Weise kommen trotzdem Menschen aus nah und fern. Offenbar weiß man, was man an Glen Hansard, Daughter, Michel Kiwanuka, Algiers, Julia Holter, Damien Rice, Jack Garret, Die Nerven und Hubert von Goisern hat. Gern wiedergesehen wurden auch Loney Dear, The Strypes, Altmeiser und Ex-Soundtrack Of Our Live und Union Carbide Productions Frontmann Ebbott Lundberg mit seinen Indigo Children, die Hothouse Flowers, die Jungs von Efterklang mit ihren finnischen Kollaborteuren als Liima und Wintergatan, diesmal auf der großen Bühne. Zu den Entdeckungen würde ich Låpsley zählen, aber auch Drangsal, Yak, The Vryll Society und Jambinai aus Korea, die mit traditionellen Instrumenten westlichen Postrock doch recht alt aussehen ließen.
Aber mein absolutes Highlight lieferte dann doch die Supergroup aus Slowdive-, Mogwai- und Editorsmitgliedern: Minor Victories mit einem stimmungsvollen Finale. Besser hätte es auf der Hauptbühne nicht enden können. Die australischen Graveltones gaben danach im Zelt mit dreck- und schweißgetränktem Bluesrock noch einen obendrauf. Grandios!
Eigentlich – könnte – müßte – man alles anders machen. Aber gut, dass man sich auf die Kontinuität in allen Bereichen verlassen kann. Ist auch besser so – wie es ist.
Wir werden auch bei der 34. Auflage im August 2017 wieder dabei sein.
Ben Caplan & The Casual Smokers
Ebbott Lundberg & The Indigo Childrren
und wie immer mehr Fotos hier:
und von den Festivals der Vorjahre hier: