HASZCARA – POLARIS
Text: Joerg | Ressort: Musik | 26. Oktober 2018„Nachtdepression“ spricht mich persönlich sofort an, genauso wie die klare, offene Stimme. Haszcara – hört sich irgendwie nach Hass an und ist auch vielleicht keine zufällige Analogie. Hamburger Audiolith-Rap-Style. Und was bedeutet das? Dass es gleich politisch fetzt und Feierlaune-Refrains den Abendhimmel durchwabern. Der ziemlich ätzende, aber durchaus schlaue Flow Haszcaras, dreht auch tatsächlich seine gemächlichen, szenetypischen Runden im Kiez und erreicht ein, für Hip-Hop-Verhältnisse, bereits höheres Niveau – vielleicht nicht gerade Aesop Rock, aber durchaus Danger Dan. Gefeiert wird aber woanders. Ihre Texte kreisen um Opfer- oder Underdog-Apperzeptionen … „gefickt, zurückgefickt“, das geht irgendwie in Ordnung, das kann ich nachfühlen, weil dazu Mut gehört. Sich Aggro aufspielen, gleichzeitig seine Schwächen in allen Facetten ausspielen, ohne Rücksicht auf sich selbst, das ist etwas schizo, aber auch verletzlich und somit sympathisch. Einige werden dies darum gerade zerpflücken respektive ignorieren. Macht nichts, Haszcara tut das Wichtige, aufrichtige Wut ist Rap – Melancholie ist Indiepop: „Wie Hunde zieh ich Leine“, ja, so endet das dann oft. In „Lauter Rapper“ geht‘s um nichts weniger als eine Abrechnung mit allen Macho-Rappern. Das ist zwar, für meinen Geschmack, ein etwas überflüssiges Auflehnungs-Beweis-Stück, aber Haszcara ist halt in Stimmung, die gesamte Testosteron-Rap-Republik zu dissen, und dies natürlich zurecht. „Seh mir die Welt an. Sie ist schlechter als ich dachte“, singt Haszcara in „Ich bin nicht hier“, für mich, neben „Ich bin hier“ plus Hidden-Track „Das hier ist mein Leben“, das stärkste Stück des Albums, weil es reifer und weniger aufgepumpt klingt als der Rest der Songs und mit seinem dringlichen Minimalismus, seiner ganzen Schwärze, fast ein bisschen Richtung Anne Clark tendiert – nur eben weit weniger vornehm. Hazscara auf Polaris, das Werk klingt tragisch real, weil hier Gender-Clash und trotzig-trauriger Weltschmerz unheilvoll miteinander verwickelt zu sein scheinen.
Haszcara – Polaris, Audiolith