Coole Tritte
Text: Redaktion | Ressort: Musik | 28. Juli 2020Akustisch bedingt den kanadischen Stars und Young Galaxy, aber auch Sonic Youth, verwandt, erinnert Imperial Teens kantiger, dunkel gefärbter Synth-Rock zudem an die Sparks. Eben jenen „Sparks“, die als Vorbilder schon früh, mit Giorgio Moroder-Sound und kritisch humorvoller Selbstdarstellung Bands wie den Cocteau Twins oder Beach House Stil und Haltung vorgaben. Kulturelle Gegenwehr ist zeitlos und wird hier stimmigst umgesetzt und verkörpert. Roddy Bottum, von Faith No More, ist hier Frontman, und tut es so unwiderstehlich gut, dass keine Konkurrenz zur „Zweitband“ zu befürchten ist. Im Gegenteil, Imperial Teen haben ihren eigenen, unverwechselbaren Stil: locker aus dem Ärmel geschüttelter Spannungsaufbau mit lustigen Keyboard-Einfällen, zwei charismatischen Stimmen, dazu locker gewebte Klangteppiche mit Raum für Experimente. Imperial Teen gibt es seit 1996. Lynn Truell (früher Lynn Perko, an den Drums sowie zweite Gesangs-Stimme) ist auch keine Unbekannte, sie trommelte bereits bei Sister Double Happiness, und spielte dort zusammen mit Gary Floyd die tragende Rolle. Imperial Teen erreichen mit „Now We Are Timeless“ nicht weniger als die Quadratur des Kreises, wenn sie ein Independend-Album mit Anspruch, Coolness, und zugleich mit deutlich mehr als einem Ohrwurm oder Hit erschaffen. Popmusik darf gerne melodisch klingen sowie unverwechselbare Songs erzeugen, wenn sie darüber hinaus Gehalt, oder gar Humor hat. Nimm die Pixies als Beispiel. Und diesen Spaß, diese Spielfreude, zusätzlich zum Anspruch, Inhalte zu transportieren, kann man aus jeder Sekunde von „Now We Are Timeless“ heraushören. Seine Geradlinigkeit lässt das Album hell strahlen. Statt verwuschelte Sound-Experimente als Hülle, elegant gesetzte, pointierte Pop-Highlights im Rock‘n‘Roll-Gewand. Es kracht so schön, gewaltig und sinnenfroh, dass man stellenweise meint zeitgleich hüpfen und weinen zu müssen. Bubblegum- und Teen-Movie-Elemente meinte einst der US-Rolling Stone aus ihrer Musik heraus zu hören. Ernsthaft dunkle, unabhängige, freie Soul-Hardcore-Punk-Anleihen, zum Beispiel an die Dischord-Band Shudder To Think, sind aber mindestens ebenso wahrzunehmen – und Imperial Teen passen mit tiefenentspannten, queeren Tritten in die Magengrube sehr, sehr gut, in dieses Gegen-Programm: Gegen zu viel selbstreferenziellen Indiepop. Das alles mit deutlich aggressiverem Wums und maximal selbstbewusst-abgekühlter Ansage.
Jörg Gruneberg
Imperial Teen – Now We Are Timeless, Merge Records 2019