Warm und mit einem Mal ganz nahe – Bodi Bill
Text: Redaktion | Ressort: Allgemein, Musik | 5. April 2022
Das mit den eklektischen Sounds bekommt man in diesen Tagen allerorts zu lesen, wenn von Fabian Fenk, Alex Stolze und Anton Feist aka Bodi Bill die Rede ist. Nun ja, kann man machen – besser finde ich es allerdings, sich über die Kombination aus Wärme, Zugänglichkeit und einer anständigen Portion fragender Naivität bzw. naiver Fragestellungen, die das Album auszeichnet, „I Love U I Do“ zu nähern.
Ich kann es nicht anders sagen: Dieser Auftakt mit „Be Sure“ und „Self Improvements“ ist ziemlich perfekt. In dieser charmanten Nahbarkeit, die man gern mit Pop umschreiben kann (mit mehreren Ausrufezeichen), ohne dass sich Bodi Bill nun großartig um die klassischen Konventionen scheren würde. Ihr kennt das Spiel, die Sache mit den Hooks und den erkennbaren Strukturen, die dem Hit Halt und Stabilität geben, die für den notwendigen Wiedererkennungseffekt sorgen sollen. Am besten verknüpft mit einer gewissen Einfachheit in der Melodieführung. Wobei, ach Quatsch, so funktioniert Pop ja nur noch in der Vorstellung von Leuten, die Pop grundsätzlich ablehnen – bei gestandenen „Rockern“ aller Bauart, die auf Distinktionsgewinn aus sind und deshalb die klar definierbaren Pop-Strukturen im Stoner, im Metal, im Goth gern ausblenden mit dem Verweis auf den Krach, der darüber geschichtet ist. Nein, kein Diss, nur eine amüsierte Feststellung von einem, der gern in allen Welten unterwegs ist.
Was das mit Bodi Bill zu tun hat? Nun, wohl vor allem, dass man den erwähnten Album-Einstieg problemlos als Pop definieren kann. Auch wenn da echte Pausen sind und sich die Band recht geschickt um die Hook herum schummelt, die Hörgewohnheiten haben sich daran irgendwie längst gewöhnt. An die gewisse Brüchigkeit, die in „Be Sure“ aufhorchen lässt und die im folgenden „Self Improvements“ wiederum in eine perlende Luftigkeit umgewandelt wird – inklusive einem, nun ja, Hook für die Ewigkeit. Und dann folgt „Loophole Travelling“, das beinahe wie ein Remix vom Vorgängersong wirkt – immer wieder muss ich dann doch mal ganz genau nachschauen, in welchem Song ich da eigentlich bin. Weil die Pausen – das wurde bereits erwähnt – hier einen inszenierenden Charakter haben, diese Sache mit dem Spannungsbogen, der Laut-Leise-Dynamik und so. Dass sich dann auf einmal Fabian Finks Stimme in einem Kontext wiederfindet, der geradezu den vorhergehenden Song weiterspinnt – das hatte mich dann schon überrascht. Und überrascht mich immer wieder …
Ohnehin, diese Stimme. Und die sich daraus ergebende Nahbarkeit und Wärme. Fabian Fenk nimmt einen wahrlich an die Hand und führt einen charmant durch zwölf Songs („25km“ als Interlude mal nicht explizit mitgezählt), die dabei eigentlich gar nicht so gleichförmig daherkommen – ein Stück wie „Big Gong Sounds“ lässt schon auch mal den Gedanken an Krautrock-Motorik aufkommen und das „Paradies“ ist definitiv gleich neben dem Dub zu finden. Ob es nun ein Vor- oder Nachteil ist, dass sich dieser Sound, den man einst mit solchen Begriffen wie „Indietronics“ beschrieben hat, irgendwie als „etabliert“ im Hinterkopf festgesetzt hat, muss jeder wohl für sich selbst entscheiden – ich persönlich fühlte mich von dem Bescheidwissertum darüber, dass es hinter den Genregrenzen immer noch weiter geht, richtig gut mitgenommen. Von dem feinen Wissen, dass es dem Folk nicht schadet, wenn mal ein wenig Elektronik untergerührt wird. Beispielsweise. Womit die Sache mit dem Eklektischen schon auch ihre Richtigkeit hat.
Was aber auch mit einer gewichtigen Tatsache zusammenhängen könnte: Irgendwie lässt „I Love U I do“ jene artifizielle Unterkühltet vermissen, die ich bei „What“ vernommen hatte. Wobei vermissen das falsche Wort ist: Ich zumindest mag das wirklich gern, dieses An-Die-Hand-Genommen-Werden, dieses Anschmiegen, die – ja, auch – Verletzlichkeit, die ich in diesen Songs finde. Andocken an die Realitäten, gewissermaßen: Ja, die war schon zu lesen, die Geschichte mit Fabian Fenks neuer Elternrolle, den damit einhergehenden neuen Problemen und Fragestellungen. Die spiegeln sich klar auch in „I Love U I Do“ wieder und sei es allein schon in dieser beinahe kindlichen Liebesbestätigung im Plattentitel.
Ach ja – bloß nicht vergessen: Nachdem Bodi Bill schon in längst vergessen geglaubten Zeiten, es war so 2019, schon die ersten Konzerte gespielt hatten, steht nun – herrje, so war das ja früher mal – eine Tour zur Platte auf dem Programm. Der Termin unserer Wahl: 17. Mai im Clubzimmer vom Täubchenthal in Leipzig, wahlweise kann man auch am 13. Mai nach Erfurt ins Franz Mehlhose.
Jensor
Body Bill „I Love U I Do“, VÖ 25. März 2022, Sinnbus
Foto: Nicolas Blanchadell