Die große Wurstplatte – Die kommentierte Playlist

Text: | Ressort: Allgemein, Musik, Radio | 17. März 2011

Ich durfte anschneiden – die Wurst und nicht den Käse. Am Freitag, 11. März, wurde die entsprechende Wurstplatte serviert von den Herren Jensor und Nauber. Hier folgt nun die kommentierte Playlist der beiden Stunden.

1. James Blake – Limit To Your Love
Freund Donis hat Recht: Der Überflieger. Der Liebling aller. Der kommende Superstar. Ja, Freund Donis hat Recht: Alles, aber auch wirklich alles, was zu dem Debüt von James Blake zu lesen ist, stimmt. Es ist zum Verrücktwerden, aber wenn es denn einmal einen Hype gegeben hat, der Recht hat, dann ist es dieser. Horizonterweiternd!
James Blake – same (Atlas Rec./A&M)

2. Nicolas Jaar – Space Is Only NoiseIf You Can See
Noch einmal Entschleunigung, Alter! Nicolas Jaar ist einer von den Leuten, die ganz aktuell das Bremsen von Geschwindigkeit im elektronischen Kontext zur ganz großen Kunstform erhoben haben. Daran kann man sich exzellent festhören.
Nicolas Jaar – Space Is Only Noise (Circus Company)

3. Round Table Knights – Stomper
Aus Bern kommen die Herren Marc Hofweber und Biru Bee aka Round Table Knights, die via Made To Play eine Platte servieren, die an überbordender Spielfreude kaum zu bremsen ist. Der „Stomper“ gibt uns das Update des Sounds, der via „We No Speak Americano“ auch im Overground angekommen ist – aber auf der langen Distanz zeigt sich, dass diese Knights noch viel mehr auf der Pfanne haben an Hybridisierung von HipHop, House und Worldmusic.
Round Table Knights – Say What?! (Made To Play)

4. Ellen Allien – The Kiss
„Werkschau“ heißt eben jene aktuelle Werkschau aus dem Hause BPitch Control – und dieser Sampler bringt auf gewohnt hohem, fast schon beängstigendem Niveau den 17-Track-Rundumschlag von Cormac bis Telefon Tel Aviv (feat. Robin Guthrie!). Labelchefin Ellen Allien erfreut mit einem Überhit.
V.A. – Werkschau (BPitch Control)

5. The Go! Team – Buy Nothing Day
Gegen The Go! Team kann man auch beim allerallerschlechtesten Willen einfach nix haben. Auch wenn ich immer denke, dass dieses Prinzip irgendwann mal ausgelutscht sein müsste – es funktioniert stets aufs Neue. Erst recht, wenn man einen solchen Pop-Hit wie „Buy Nothing Day“ auf der Habenseite hat und dies dann alles mit der gewohnten überbordenden Spielfreude im Überfluss zu würzen versteht.
The Go! Team – Rolling Blackouts (Memphis Industries)

6. Rainbow Arabia – Without You
Mein aktueller Dauerbrenner: Das Ehepaar Tiffany und Danny Preston aka Rainbow Arabia haben mich mit Boys And Diamonds schlicht vom Hocker gefegt. Ich kann mich an diesem Pop-Entwurf, der Orient und Okzident so traumhaft miteinander zu versöhnen versteht – ebenso wie Eingängigkeit mit Sperrigkeit, btw – einfach nicht satthören.
Rainbow Arabia – Boys And Diamonds (Kompakt)

7. Containerhead – Von Panzern & Vögeln
Das Überraschungsteam kommt diesmal aus Regensburg. Nein, die Herkunft hat nix zu sagen – eher schon die Tatsache, dass diverse dort ansässige Übliche Verdächtige aus Umfeldern wie Sir Simon Battle, Beige GT, The Trashing Days gemeinsam zugange sind. Auf dem Debüt zelebrieren sie feinen Instrumental-Rock, der zwischen Monotonie und Wucht trefflich zu vermitteln versteht (nein, ich habe ganz und gar nichts gegen Monotonie!). Ob da Kraut bei ist? Und ob da Kraut bei ist!
Containerhead – Hallo. Warten. Danke. (kyr Records)

8. Wire – Two Minutes
Old School Part 1: Wire melden sich mit einer interessanten, aufregenden, spannenden Platte. Mehr muss, mehr mag ich dazu nicht sagen – Selberhören macht schlau.
Wire – Red Barked Tree (Pinkflag)

9. Gang Of Four – You Don’t Have To Be Mad
Old School Part 2: Gang Of Four melden sich mit einer interessanten, aufregenden, spannenden Platte. Mehr muss, mehr mag ich dazu nicht sagen – Selberhören macht schlau.

10. Sonic Youth – Chez Yves (Alice Et Clara)
Old School Part 3 – sozusagen. Wer schon immer mal hören wollte, wieviel Kino-Affinität drinsteckt in Sonic Youth, dem sei der Soundtrack „Simon Werner A Disparu“ wärmstens ans Herz gelegt.
Sonic Youth – Simon Werner A Disparu (Sonic Youth Records)

11. Tephra – Chains And Pounding Hooves
Dick. Dick und groovy. Tephra aus Braunschweig haben mich einst schon auf dem South Of Mainstream-Festival positiv überrascht. Das neue Werk „Tempel“ glänzt metallisch in der Sonne, verbreitet nachhaltig und tiefsitzend Missmut und zeichnet sich – wie schon erwähnt – dennoch durch einen Groove aus, der diese Form von, ähem, nun ja, Metal auf völlig neue Ebenen zu heben versteht.
Tephra – Tempel (Golden Antenna)

12. Nicoffeine – Holy Hell Of A Himmel
Knackig, knackig: Die Band um Mastermind Soheyl Nassary, Guido Lucas und Jörg A. Schneider sind sichere Garanten, wenn es um die Zelebrierung von Noise-Rock geht. Da geht einem aufrechten Krawallkopf einfach das Herz auf: Aggressiv, groovy, befreiend. Katharsis a go-go!
Nicoffeine – Lighthealer Stalking Flashplayer (bluNoise)

13. Electric Wizard – The Nightchild
Feinster Doom-Matsch, an dem sich mit Sicherheit alle Geister scheiden werden. Meinen Respect haben die allemal – so eine Form der Nichtproduktion muss man auch erst mal bringen können. Electric Wizard kümmern sich einen Dreck darum, was der Rest der Welt denkt und Lee Dorrian bietet dem Ganzen dankenswerter Weise via Rise Above eine schöne Heimat. Ach, was sage ich da überhaupt – ultimativer Doom-Matsch!
Electric Wizard – Black Masses (Rise Above)

14. The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble – All Is One
Jazz hat viele Gesichter – eines davon wird von dem Kilimanjaro Darkjazz Ensemble auf treffliche Weise geprägt!
The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble – From The Stairwell (Denovali)

15. Third Eye Foundation – If You Treat All Like Terrorists We Will Become Terrorists
Wie sehr ich Matt Elliott in seiner Inkarnation als Third Eye Foundation vermisst habe, wurde mir erst bewusst, als ich mir „The Dark“ zum ersten Mal anhörte. Diese Sounds! Diese Breakbeats! Ja, dies habe ich sehr vermisst. Mal ganz abgesehen davon, welche Hellsichtigkeit Matt Elliott uns mittels des Songtitels vermittelt.
Third Eye Foundation – The Dark (Ici D’Ailleurs)

16. Seefeel – Faults
Welch triumphale Rückkehr – geradeso als lägen nicht ein gutes Dutzend Jahre zwischen dem letzten alten und dem ersten neuen Lebenszeichen der Band um Sarah Peacock und Mark Clifford. „Seefeel“ dockt sowohl an Richtung Old School als auch Richtung New School. Die essentiellen Dinge wie Dub, Kraut, elektronische Sounds, meinetwegen auch Indie trefflich vermengt. Und das Prinzip gilt nach wie vor: We don’t know why we like this, but we do.
Seefeel – same (Warp)

17. PJ Harvey – The Glorious Land
Polly Jean Harvey KANN keine schlechte Musik machen. No way. Keine Chance. Sie ist eine der Menschen, die dies einfach nicht KÖNNEN. Wobei es schon eine Sensation ist, wie verdammt, verdammt, verdammt großartig „Let England Shake“ ist – auch hier stimmt einfach alles, was gesagt, geschrieben und gehypt wird.
PJ Harvey – Let England Shake (Island)

18. Esben And The Witch – Warpath
Neee, mit Witch House hat dies nix zu tun, da bloß nichts weismachen lassen. Eher schon mit Gothic der old schooligen Sorte, was ja auch nichts Übles ist – erst recht, wenn man dies so vortrefflich zu inszenieren versteht wie die Band um Rachel Davies. Ansonsten staune ich, welch mediale Dynamik Esben And The Witch mit einem musikalischen Entwurf, der ja nun an Eindeutigkeit und Straightness nichts zu wünschen übrig lässt, mittlerweile entwickeln.
Esben And The Witch – Violet Cries (Matador)

19. Toro Y Moi – New Beat
Chazwick Bundick aka Tor Y Moi ist zurück: Vor Jahresfrist gab er dem Begriff Chillwave die entsprechende Prägung. Die neue Platte lässt mich oft auch an ganz andere Dinge denken – an Funk beispielsweise. Oder an eine massive Psychedelic-Kante.
Toro Y Moi – Underneath The Pine (Carpark Rec.)

20. Chaim – U & Eye
Nochmal BPitch Control: Chaim kommt aus Tel Aviv, was man durchaus hört – und dabei meine ich nicht nur die diversen orientalischen Einflüsse in Sound und Melodieführung, sondern auch die straighte Pop- und Dancefloor-Orientierung.
Chaim – Alive (BPitch Control)

Leider nicht mehr untergekommen, aber trotzdem geil:
Lucy – Bein
Luca Mortellaro aka Lucy hat mit „Wordplay For Working Bees“ ein Album gemacht, das gewinnbringend die Stoizität von Dub-Techno mit der Spiel- und Experimentierfreude von Electronica und der Nonkonformität von Stockhausen & Co. vereint.
Lucy – Wordplay For Working Bees (Stroboscopic Artefacts)

Emanuele Errante – Counterclockwise
Intensiv-Hörern im Bereich Ambient und Soundscape ist der Name Emanuele Errante mit Sicherheit ein Begriff – schließlich hat er bereits mit Brian Eno oder Nils Frahm gearbeitet. Und die neue Platte ist ein großartiges Ereignis für all jene, die auch in einer sehr großen Klanglandschaft Spektakuläres entdecken können.
Emanuele Errante – Time Elapsing Handheld (Karaoke Kalk)

Isolee – One Box
Auch wenn Rajko Müller diesmal nicht den Überflieger-Hit serviert – die neue Platte von Isolee ist dennoch ein Genuss für all jene, die die Größe von Microhouse zu schätzen wissen.
Isolee – Well Spent Youth (Pampa Rec.)

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