Auf hohem Niveau – Stoned From The Underground 2015

Text: | Ressort: Allgemein, Diary, Musik, Veranstaltungen | 21. Juni 2015

Die genauen Gründe, warum man sich für die Zeit vom 9. bis 12. Juli mal nichts anderes vornehmen sollte als einen Ausflug nach Erfurt, stehen genau hier. Denn es ist absolut nicht davon auszugehen, dass sich am ideellen Grundsatz des Stoned From The Underground im 15. Jubiläumsjahr etwas ändern sollte.
Mehr noch – man kann dieses Festival neben vielen anderen als exakten Gegenentwurf zu jenen Dingen lesen, über die Jörg am Aufhänger des Berthold-Seliger-Buches so wortreich geschrieben hat. Als Kontrapunkt zu jener Entwicklung, die (Pop-) Musik rein und ausschließlich als schnödes Marketingtool, als VIP-Inszenierungsmittel verwursten möchte. Was sich schon mal rein oberflächlich gut wahrnehmen lässt. Da genügt mal ein kurzer Blick auf die Homepage (www.caligula666.de) – wieviele Firmenlogos und wieviel Marketingschnulli finden sich da? Im Vergleich zu – sagen wir mal – Mair1 (von so etwas wie Hurricane, Highfield oder Rock am sonstwo will ich gar nicht erst anfangen)? Ja, das ist aus meiner Sicht gar kein so unwichtiger Punkt – holt man sich die PR-Agenturen und Werbefuzzis erst einmal in den Pelz, bekommt man sie nur sehr schwer wieder los. Manchmal werden sie auch so schwer, dass sie einen in den Abgrund reißen.
Es sind Festivals wie beispielsweise das Stoned From The Underground, die gegenhalten. Die mit dem „Underground“ im Namen noch etwas ausdrücken wollen. Dieses „ein Festival von Fans für Fans“ muss zwingend ernst genommen werden. Das spüre ich, wenn ich nur einmal über das Festivalgelände gehe. Weil es da nicht um Pippifax und Firlefanz geht, um Volksbespaßung und Rummelplatz-Atmosphäre. Klar weiß ich darum, dass so ein Festival finanziert werden muss und so etwas wie, ähem, Partner nötig sind (wobei auch hier immer ein Blick auf die entsprechenden Listen sehr erhellend ist). Nur sollte aus einem Musikfestival kein „selling point“ werden und da denke ich, können wir uns noch ganz entspannt auf 15 weitere Jahre SFTU freuen. Punkt.

Hier geht es um Musik. Das ist hoffentlich klar und deutlich rübergekommen. Was mir als Old-School-Musikfan sehr entgegenkommt (ich werde wie gewohnt alles daran setzen, alle Bands zu sehen – völlig schnuppe, ob ich sie kenne oder nicht). Und da will ich auch nicht über das Thema „Redundanz“ sprechen. Wir reden hier von einem Festival, das sich sehr gezielt und sehr konkret einsortiert in eine klar umrissene Szene. Eine Szene, die sich verorten lässt zwischen den Fixpunkten Stoner, Hard, Doom und Sludge, garniert mit diversen Ausschlägen in Richtung Psychedelic (den Rock denkt sich jeder dazu). Hey, schon vergessen? Von Fans für Fans! Mal abgesehen davon ist das nun wahrlich jammern auf hohen Niveau, wie einmal mehr der Blick auf die Liste der Bands beweist. Eine kleine Auswahl.

pallbearer

Pallbearer: Allein wegen dieser Band lohnt sich für die Fahrt nach Erfurt. Ich bin nun mal der unverbrüchlichen Ansicht, dass die beiden Platten „Sorrow And Extinction“ und „Foundations Of Burden“ eine musikalische Relevanz weit über den klassischen Doom-Metal-Kontext hinaus besitzen – in ihrer Melodiosität, in ihrer Komplexität, in ihrer atmosphärischen Dichte. Punkt 1. Punkt 2: Ich will es unbedingt noch einmal wissen. Nach dem Konzert im UT Connewitz brannte die Flamme der Verzagtheit im Herzen. Wars die Enttäuschung einer schier übermächtigen Erwartungshaltung? War es tatsächlich schlicht und ergreifend tatsächlich viel zu laut? Egal. Es gibt eine neue Chance. Und ich freue mich.

rotor

Rotor: Ohne Worte. Ich sage nur Rotormania 2015. Und „Rotor 5“. Yep, es gibt eine neue Platte. Und yep, das klingt wie verdammt heißer Scheiß. Und yep, mit zweiten Gitarristen funzt das noch besser.
The Moth: Das will ich unbedingt mal live sehen. Weil es irgendwie absolut außergewöhnlich ist, jenseits der handelsüblichen Genregrenzen, was sich vor allem auf der neuen Platte „And Then Rise“ trefflich nachvollziehen lässt. Irgendwo zwischen Thrash und Verschleppung, zwischen Wut und Melancholie.
Electric Wizard: Heraus, Vergurgelte dieser Erde! Liebhaber des gepflegten Matsch-Sounds, der noisigen Gitarrendröhung, des nachhaltigen Ohrenklingelns! Diese Band ist für euch! Ich hab‘ mal nachgeschaut – bei der Band bin ich ja nun auch schon seit „Dopethrone“ dabei und das sind mal eben schlanke 15 Jahre. Argh, und du hast die immer noch nicht live gesehen! Naja, das wird sich ändern …
Dozer: Menno, was man manchmal so alles nicht mitbekommt. Dozer sind also auch wieder am Start. Seit ein paar Jahren schon, durfte ich dem allwissenden Internet entnehmen. Na, da gleich mal raus mit „Call It Conspiracy“ und rein mit der fetten Heavy-Rock-Vollbedienung. Fein, dass ich diese Schweden auch endlich mal auf einer Bühne zu Gesicht bekomme.
John Garcia/Nick Oliveri: Das kriegt der kleine Kyuss-Fan im großen Jensor gleich zweimal was serviert – dutzidutzidutzi. Ne, mal im Ernst. Vista Chino hat mich schlicht und ergreifend entsetzt, was eine Menge anderer Leute vollkommen anders gesehen haben. Die Garcia‘sche Soloplatte hingegen höre ich mich nach wie vor wachsendem Genuss – was ebenfalls wiederum von einer Menge anderer Leute vollkommen anders gesehen wird. Naja, mir gefällt dieses Ding mit seiner grandiosen Stoizität, mit seiner Staubigkeit, mit seiner angedröhten Unaufgeregtheit. Muss man noch etwas über Nick Oliveri sagen? Da meine ich nicht mal die ganzen Stories, die da draußen rumschwirren. Dazu habe ich keine Meinung, ich war ja nicht dabei (und ich weiß längst, das Geschichten immer zwei Variationen haben). Ich denke da eher an die musikalische Seite, an die Beteiligungen – und meine damit jetzt weniger Kyuss und Queens Of The Stone Age, sondern eher an ehrenhaft Abseitiges wie Dwarves und Moistboyz, von Mondo Generator ganz zu schweigen. Na, mal schauen, was das Uncontrollable so macht. Auf jeden Fall lacht der Punk!
Mammoth Mammoth/The Midnight Ghost Train: Apropos Punk – die beiden Bands haben auch einen satten Schluck aus der entsprechenden Geist-Pulle genommen. Ja, schon klar, das ist jetzt kein sortenreiner Punk, eher schon Stoner Heavy Rock der räudigen Sorte, aber es geht ja hier um den Spirit. Da haben Mammoth Mammoth einen Zacken mehr Motörhead-Attitude ins Rennen zu schicken, während The Midnight Ghost Train mit dem feinen Gurgler Steve Moss am Mikrofon punkten.

danava

Der Rest: Das klingt jetzt eigentlich viel zu abwertend. Sorry dafür. Ist kein bißchen abwertend gemeint. Das haben Bands wie Radio Moscow, Mos Generator, Elder, Danava oder Greenleaf auf keinen Fall verdient, aber auch Leute wie Dead Lord, Fizzt, High Fighter, Honeymoon Disease, Monomyth, Powder For Pigeons, Stoned Jesus, Tricky Lobsters oder White Miles, die mir bis dato noch gar nix sagen. Was für mich aber eher ein Pluspunkt für ein Festival ist – ich lerne für mein Leben gern dazu, wenn es um Musik geht. C u. Am Alperstedter See.

Infos und Tickets: www.caligula666.de

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